Gerichtsstandsvereinbarungen

1. Bedeutung: Es kommt häufig vor, dass ein Anspruch gegeben ist, aber der Schuldner nicht bereit ist, freiwillig zu leisten, sei es weil er glaubt, Einwendungen oder Einreden gegen die Forderung zu haben, sei es weil er in Zahlungsschwierigkeiten steckt und Zeit gewinnen möchte. Dann muss geklagt werden. Der Anspruchsinhaber hat grundsätzlich ein Interesse daran, das Verfahren an seinem Sitz zu führen, insbesondere dann, wenn das Rechtsverhältnis grenzüberschreitend ist.

2. Begriff: Aufgrund einer Gerichtsstandsvereinbarung vereinbaren die Parteien, dass ein Rechtsstreit an einem bestimmten Ort durchgeführt werden soll. Dabei können sie die Vereinbarung auf bestimmte Streitigkeiten beschränken, oder auf sämtliche Streitigkeiten, die aus einem Rechtsverhältnis entstehen, erstrecken.

3. AGB:

Fast alle AGB enthalten eine Gerichtsstandsvereinbarung, da der Verwender immer ein Interesse an der Bestimmung des Gerichtsstandes hat. So einfach die Problematik klingen mag, so häufig findet man auch unwirksame Klauseln.

Denn gegenüber Verbrauchern sind Gerichtsstandsvereinbarungen grundsätzlich unwirksam. Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandsvereinbarung sind in § 38 ZPO geregelt und danach ist eine solche Vereinbarung mit einem Verbraucher nicht gestattet. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um ein reguläres streitiges Verfahren, ein gerichtliches Mahnverfahren oder eine Wechsel- oder Scheckklage handelt. Eine Umgehung dieses zwingenden Rechts durch die Anknüpfung an den Erfüllungsort oder durch die Bestimmung eines alternativen Gerichtsstandes ist ebenfalls unwirksam.

Sofern der Verwender es sich einfach machen möchte und seiner Gerichtsstandsklausel den Zusatz „soweit gesetzlich zulässig“ hinzufügt, so ist dies ebenfalls unwirksam. Der Verbraucher weiß nicht, wann es gesetzlich zulässig ist, und somit ist die Klausel intransparent.

Fazit: Im Rahmen des deutschen Rechts ist eine Gerichtsstandsvereinbarung mit einem Verbraucher unzulässig.

Zwischen Kaufleuten sind solche Vereinbarungen hingegen zulässig, obgleich auch dort Grenzen zu ziehen sind. Es darf kein willkürlich gewählter Ort bestimmt werden. Es muss eine Verknüpfung zur Vertragsbeziehung der Beteiligten bestehen. Einige Gerichte verlangen einen sachlich rechtfertigenden Grund, warum ein Gerichtsstand an einen bestimmten Ort verlegt werden soll und dies muss bei der AGB Gestaltung berücksichtigt werden.

Klauseln, wonach der Gerichtsstand am Wohnsitz des AGB-Verwenders verlegt wird, sind zulässig. So kann auch der Gerichtsstand an den Ort der Vertragsverhandlungen oder am Sitz des Rechtsbeistands des AGB-Verwenders gewählt werden. Darüber hinaus kann unter Kaufleuten an den Erfüllungsort angeknüpft werden.

Da andere Maßstäbe zwischen Verbrauchern und Kaufleuten gelten, stellt sich das Problem, dass der Verwender nicht die gleichen AGB für alle Kunden benutzen kann, sofern er sowohl Verbraucher als auch Kaufleute als Kunden hat. Deswegen muss die AGB-Klausel ausdrücklich klarstellen, wann die Gerichtsstandsvereinbarung wirksam ist. In anderen Worten, die AGB muss den Zusatz enthalten, dass sich die Gerichtsstandsvereinbarungsklausel nur auf den Geschäftsverkehr mit Kaufleuten bezieht. Ohne die Klarstellung muss davon ausgegangen werden, dass die Klausel unwirksam ist. Da hilft auch der salvatorische Zusatz „soweit gesetzlich zulässig“ nicht. Der Verbraucher weiß nicht, wann eine solche Vereinbarung zulässig ist und ist mithin intransparent.

Des Weiteren ist es nicht zulässig, dass das örtlich zuständige Amtsgericht sachlich zuständig sein soll, gleichgültig wie hoch der Streitwert ist.

Im Internationalen Rechtsverkehr ist die Lage komplizierter. Da muss unterschieden werden, ob die EuGVO (EG-Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen) anwendbar ist oder nicht.

Soweit die EuGVO nicht anwendbar ist, sind bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung die Grundsätze des internationalen Privatrechts zu beachten. Dabei handelt es sich um einen Vertrag über die prozessrechtliche Beziehung. Wird der Rechtsstreit an einem deutschen Gericht anhängig gemacht, so muss dass deutsche Gericht beurteilen, ob die Vereinbarung nach deutschem Recht zulässig ist. In der Regel muss eine Auslegung der Vereinbarung erfolgen, da zunächst ermittelt werden muss, was die Parteien wollten: Soll es sich um einen ausschließlichen oder fakultativen Gerichtsstand handeln – je nachdem wer klagt.

Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer internationalen Gerichtsstandsvereinbarung muss beachtet werden, dass die Gerichtsstandsvereinbarung wirksam einbezogen worden ist. Dabei sind gerade die Sprachbarrieren zu berücksichtigen. Der Vertragspartner muss verstanden haben, dass die AGB einbezogen werden.

Im Rahmen des Geschäftsverkehrs innerhalb der EU muss die EuGVO berücksichtigt werden.

Die EuGVO ist anwendbar, wenn einer der beiden Vertragspartner seinen Sitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates hat. Des Weiteren muss der Gerichtsstand auf ein Gericht eines Vertragsstaates ausgerichtet sein. Es muss somit Berührungspunkte zu mindestens zwei Vertragsstaaten geben. Zudem muss es sich um eine Zivil- oder Handelssache handeln. Allerdings ist es nicht erforderlich, dass beide Parteien Kaufleute sind.

Die europäische Regelung sieht vor, dass die Gerichtsstandsvereinbarung klar aus der Vereinbarung hervorgeht. Dabei werden Formerfordernisse an die tatsächliche Vereinbarung gestellt. Deswegen ist es empfehlenswert, dass die Vereinbarung schriftlich niedergelegt wird, oder zumindest mündlich mit anschließender schriftlicher Bestätigung. Dabei reicht es aus, wenn auf die AGB, die eine Gerichtsstandsklausel enthalten, Bezug genommen wird. Um dem Schriftformerfordernis nachzukommen, sollte eine Einverständniserklärung vorliegen. Die Übergabe mit dem Vertrag reicht nicht aus! Bei der mündlichen Vereinbarung mit schriftlicher Bestätigung ist zu beachten, dass die Vereinbarung tatsächlich klar und deutlich bereits mündlich abgeschlossen sein muss, und nicht nur in der Bestätigung nachgeschoben wird.

Die europäische Verordnung sieht auch vor, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung ohne die Erfüllung dieses Tatbestandes getroffen werden kann, wenn es eine Gepflogenheit zwischen den Parteien geworden ist oder eine solche Gerichtsstandsvereinbarung einen internationalen Handelsbrauch darstellt.

Ist nach Art. 23 EuGVO eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung getroffen worden, so kann ein deutsches Gericht die Wirksamkeit nicht nach § 307 BGB prüfen.

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