Markenrecht: Rechte des Anmelders einer Marke bei langer Verfahrensdauer werden gestärkt

Für das Gemeinschaftsmarkenrecht bereits seit Jahren anerkannt, hat nun auch der BGH die Rechte des Anmelders einer deutschen Marke bei langer Verfahrensdauer gestärkt. Künftig ist klar, dass es bei der Beurteilung der Frage, ob eine Marke unterscheidungskräftig ist oder diese Unterscheidungskraft nachträglich eingebüßt hat, auf den Zeitpunkt der Anmeldung ankommt. Bisher sollte der Zeitpunkt der Eintragung maßgeblich sein.

Die praktische Bedeutung der Entscheidung ist noch nicht abschließend zu beurteilen. Dennoch ist das Urteil zu begrüßen. Denn es beseitigt eine bislang vorherrschende Ungerechtigkeit im Markenverfahrensrecht: Nach der Anmeldung ist der Lauf des Verfahrens dem Anmelder praktisch entzogen. Abgesehen von der kostenpflichtigen Beschleunigung hat er keine Möglichkeit, auf den Zeitpunkt der Eintragung seiner Marke Einfluss zu nehmen.

Daher kam es vor, dass das DPMA eine Anmeldung zurückwies, weil dem Zeichen zum Zeitpunkt der Eintragung keine hinreichende Unterscheidungskraft mehr zugekommen sei. Ob dieses Kriterium zum Zeitpunkt der Anmeldung vorhanden war, spielte keine Rolle. Im Klartext: Dauerte das Verfahren zu lang, war der Anmelder der Dumme.

So ging es auch der Anmelderin der Wortfolge „Aus Akten werden Fakten“, für die sie Schutz insbesondere für Computersoftware begehrte. Zwischen Anmeldung und Eintragung war der Claim umfangreich in der Werbung benutzt und damit quasi zum Allgemeingut geworden, das, so das Bundespatentgericht, nicht mehr unterscheidungskräftig sei.

Das geht nun nicht mehr. Allerdings bleibt zu bedenken, dass bei der Eintragung weiterhin geprüft wird, ob ein sogenanntes Freihaltebedürfnis für die Marke besteht. Dabei sind – nun vom Zeitpunkt der Anmeldung aus betrachtet – auch zukünftige, nicht außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit und Lebenserfahrung liegende, wirtschaftlich relevante Benutzungen des Zeichens zu berücksichtigen. Insoweit stellt sich die Frage, inwieweit die Macht des Faktischen die Entscheidung nicht wieder entwertet. Denn wenn zum Zeitpunkt der Eintragung eine Wortfolge praktisch zum Gemeingut geworden ist, wird sich schwerlich argumentieren lassen, diese Entwicklung sei zum Zeitpunkt der Anmeldung in keiner Weise absehbar gewesen.

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