Markenrecht: Doppelfunktion einzelner Buchstaben einer Marke

Einzelnen Buchstaben einer Marke kann eine Doppelfunktion zukommen, nämlich als letzter Buchstabe einer bloßen Buchstabenfolge und zugleich als Anfangsbuchstabe eines anschließenden Wortes. Dies entschied das EuG im Fall der Markenanmeldung „IBSolution“  für den Buchstaben „S“ (Urteil vom 07.11.2013 – T-533/12).

Gegen die Anmeldung der Marke „IBSolution“ für Dienstleistungen in den Klassen 35, 41 und 42 hatte sich die Inhaberin der in denselben Klassen geschützten Marke „IBS“ gewehrt – mit Erfolg. Denn das EuG folgte der Argumentation der Widerspruchsführerin, welche zuvor auch schon das HABM überzeugt hatte.

Zwischen beiden Zeichen bestehe eine hinreichend große klangliche und schriftbildliche Ähnlichkeit, die angesichts der sehr ähnlichen Dienstleistungsverzeichnisse zu einer Verwechslungsgefahr führe.

Große Bedeutung maß das Gericht dabei dem Buchstaben „S“ im Rahmen der Marke „IBSolution“ zu. Dieser nehme eine Doppelfunktion ein: Er bezeichne den Abschluss der Buchstabenfolge „IBS“ zu Beginn der Marke, und diese sei deckungsgleich mit der Widerspruchsmarke „IBS“. Regelmäßig achteten die angesprochenen Verkehrskreise zuvörderst auf die Wortanfänge einer Marke. Insofern komme der Identität hier eine große und letztlich entscheidende Bedeutung zu.

Nicht in Frage komme angesichts des Schriftbilds bei natürlicher Betrachtungsweise eine Aufspaltung der angegriffenen Marke in zwei Bestandteile „IB“ und „Solution“. Denn zwar sei der Buchstabe „S“ auch als Wortanfang des englischen Wortes „Solution“ anzusehen. Dieser Tatsache komme aber gegenüber dem Vorgenannten keine entscheidende Bedeutung zu.

Das Argument der Gegenseite, dass bloßen Buchstabenfolgen wie „IBS“ von Vornherein nur eine geringe Kennzeichnungskraft zukomme, ließen die Richter nicht gelten. An dem prägenden Charakter der Buchstabenfolge „IBS“ für die zum Vergleich stehenden Marken ändere dies nichts. Überdies sei, weil die Marke „IBS“ keinen rein beschreibenden Charakter habe, von einer normalen Kennzeichnungskraft auszugehen.

Für die Praxis ergibt die Entscheidung neuerlichen Anlass, vor einer Markeneintragung eine sorgfältige Marktanalyse durchzuführen, um vor unangenehmen Überraschungen nach der Anmeldung möglichst gefeit zu sein. Im konkreten Fall hätte vermutlich bereits eine Änderung der Schreibweise in „IB-Solution“ oder „IBsolution“ zu einer anderen Bewertung geführt.

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