Datenschutzrecht: Tor- und Taschenkontrollen und Arbeitnehmerdatenschutz

Mitarbeiterdiebstähle sind für viele Unternehmen ein ernstes Problem. Kontrollmaßnahmen greifen jedoch unweigerlich in die Persönlichkeitsrechte – auch und insbesondere – der ehrlichen Arbeitnehmer ein. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einer ausführlich begründeten Entscheidung die grundsätzlichen Voraussetzungen für grundrechtkonforme Kontrollmaßnahmen aufgezeigt (Urteil vom 09.07.2013 – 1 ABR 2/13).

Im konkreten Fall ging es um ein großes Distributionszentrum für Kosmetikartikel und Parfums. Dort waren in einem Jahr Waren mit einem Gesamtwert von rund 250.000 Euro durch Mitarbeiter entwendet worden. Um dem zu begegnen und für den Zukunft Abhilfe zu schaffen, wollte das Unternehmen Ausgangskontrollen einführen und traf dazu eine Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat, die zusammengefasst folgende Maßnahmen vorsah:

An 30 Tagen im Jahr sollten insgesamt 86 Kontrollen durchgeführt werden. Die zu kontrollierenden Mitarbeiter sollten dabei beim Verlassen des Geländes – wofür die Nutzung einer elektronischen Mitarbeiterkarte erforderlich war – per Zufallsgenerator ausgewählt werden. Daraufhin sollten mitgeführte Behältnisse, Jacken- und Manteltaschen durchsucht werden. Diese Durchsuchung sollte in einem von außen nicht einsehbaren Pförtnerhaus durchgeführt werden. Nur soweit diese Untersuchung einen Verdacht begründete, sollte die Durchsuchung dann auch auf Hosen- und sonstige Kleidertaschen ausgeweitet werden. Über die Durchsuchung wird ein Protokoll angefertigt. Außer diesen zufälligen Kontrollen dürfen bei besonders begründetem Verdacht auch anlassbezogene Kontrollen einzelner Mitarbeiter durchgeführt werden.

Diese Regelung hielt das BAG für verhältnismäßig, um einerseits das Eigentumsrecht des Arbeitgebers und andererseits die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter in einen angemessenen Ausgleich zu bringen. Insbesondere, so die Richter, genüge die Regelung der Verhältnismäßigkeitsanforderung des § 75 BetrVG und ebenso – das klingt nur nebenbei an, weil es hier nicht entschieden werden musste – dem Erforderlichkeitsgebot des § 32 BDSG.

Das Gericht begründet dies damit, dass die Maßnahme zweifellos geeignet sei, Diebstählen durch Mitarbeiter sowohl präventiv wie auch restriktiv zu begegnen. Sie sei auch erforderlich, weil der Arbeitgeber kein weniger einschneidendes Mittel zur Verfügung habe. Insbesondere griffen vorstellbare andere Wege wie eine Videoüberwachung der Arbeitsräume noch viel tiefer in die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter ein. Die Maßnahme stehe schließlich auch nicht außer Verhältnis zu dem angestrebten Zweck. Denn die Schutzmaßnahmen (Zufallskontrolle, Durchsuchung in einem abgeschlossenen Raum) beschränkten den Eingriff auf ein Minimum. Angesichts der nicht unerheblichen Mitarbeiterdiebstähle sei dies nicht zu beanstanden.

Die Entscheidung gibt die wesentlichen Leitlinien für eine arbeits- wie datenschutzrechtlich zulässige Mitarbeiterkontrolle zum Zweck der Verhinderung von Diebstählen vor. Entscheidend ist die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme, wobei sämtliche Umstände zu berücksichtigen sind. Die zufällige Auswahl der durchsuchten Mitarbeiter und die nicht öffentliche Durchsuchung dürften hier zu Standardverfahren werden. Wo ein Betriebsrat existiert, sollte eine entsprechende Betriebsvereinbarung getroffen werden. Wo nicht, gibt die Entscheidung ebenfalls wichtige Orientierungshilfe.

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