Markenrecht: Verwechslungsgefahr bei Einzelbuchstabenmarken

Wieder einmal gibt es unterschiedliche Auffassungen in der europäischen und deutschen Markenrechtsprechung. Das EuG hatte über eine Verwechslungsgefahr zwischen zwei grafisch gestalteten Einzelbuchstabenmarken „e“ zu entscheiden und setzt sich mit seinen Ausführungen in Widerspruch zur Ansicht des BGH (Urteil vom 11.07.2014 – T-425/12). Bei deutschen und Gemeinschaftsmarken gelten künftig also unterschiedliche Maßstäbe.

Konkret ging es um ein Widerspruchsverfahren gegen eine Markenneuanmeldung beim HABM. Die Inhaberin der Marke „e“ wehrte sich gegen die Anmeldung einer weiteren Marke „e“ für teilweise identische, bzw. sehr ähnliche Waren und Dienstleistungen. Unterschiede zwischen den Marken bestanden nur hinsichtlich der konkreten grafischen Gestaltung des Einzelbuchstaben. Die Schrifttype war jeweils unterschiedlich, die neue Marke überdies ein wenig geneigt und im Gegensatz zur älteren Marke nicht vollständig geschlossen.

Dem EuG reichten diese Unterschiede nicht aus, um eine Verwechslungsgefahr hinsichtlich der identischen, bzw. ähnlichen Waren und Dienstleistungen auszuschließen. Visuell und klanglich seien die Gemeinsamkeiten zwischen beiden Zeichen deutlich gravierender als die lediglich partiellen Abweichungen der grafischen Gestaltung.

Der BGH hat für deutsche Marken einen anderen Maßstab entwickelt (Urteil vom Urteil vom 02.02.2012 – I ZR 50/11). Um einer Monopolisierung von Einzelbuchstaben entgegenzuwirken, verlangt das höchste deutsche Gericht bei Einzelbuchstabenmarken eine deutlich gesteigerte Kennzeichnungskraft. Diese liegt nur vor, wenn eine besonders intensive Benutzung der Marke nachgewiesen ist, diese also im Markt eine besondere Bekanntheit genießt.

Diese Voraussetzungen finden im Gesetz eigentlich keine Grundlage, denn danach sind Einzelbuchstabenmarken nicht anders zu behandeln als gewöhnliche Wortmarken. Insofern ist die Entscheidung des EuG konsequent und sollte sich in Deutschland ebenso durchsetzen.

Die Gefahr einer Monopolisierung von Einzelbuchstaben besteht nämlich auch nicht in dem vom BGH gefürchteten Maß. Denn angesichts der Vielfalt grafischer Gestaltungsmöglichkeiten werden auch nach der Linie des EuG Markenanmeldungen desselben Einzelbuchstabens weiterhin möglich sein.

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