IT-Vertragsrecht: Lizenzerwerb, Distributoren und EULAs

Dieser Blogbeitrag wird kurz. Er soll einige grundlegende Fragen beantworten, die unsere Kunden immer wieder stellen.

Fall I: Kaufvertrag direkt zwischen Hersteller und Kunde

Ausgangslage: Unser Kunde ist ein Integrator (so nennen wir die Händler von Software, die die Software eines Herstellers beim Kunden installieren, parametrisieren oder im Customizing verändern), der Software eines Herstellers an den Kunden liefert und dort installiert. Der Kunde führt keine direkten Gespräche mit dem Softwarehersteller. Die Verhandlungen werden nur zwischen dem Integrator und dem Kunden geführt. Der Integrator macht das Inkasso, berät und installiert oder passt die Software zusätzlich noch an. Der Hersteller verlangt jetzt den Abschluss eines „Lizenzvertrags“ in dem z. B. steht, dass der Vertrag dem Recht von England, Irland oder der USA unterfällt und der Kunde dürfe die Software nicht weiterverkaufen, müsse sich auditieren lassen, es werde „pro User“ abgerechnet etc. Die Rechtsabteilung des Kunden (legal) moniert diese Regelungen und will den Lizenzvertrag nicht abschließen. Der Integrator – unser Kunde – möchte den Kunden gerne gewinnen und ruft bei uns an mit der Frage, was er tun kann.

1.) Ausländisches Statut

Mit dem Terminus „Statut“ bezeichnet der Kunde die Wahl des materiellen Rechts, das zur Anwendung kommen soll. Steht in dem Vertrag „irisches Recht“ sei anwendbar, so ist dies das Statut.

Die Lizenzverträge der ausländischen Hersteller sind als AGB zu qualifizieren. Nach dem deutschen Recht sind Regelungen, die im Falle des Verkaufs der Software dem Kunden den Weiterverkauf verbieten/im Falle des Verkaufs eine Abrechnung pro User vorsehen oder eine zwangsweise Auditierung vorsehen, unwirksam. Nach dem Recht eines anderen Staats mag das anders sein. Jedenfalls weisen weder England noch Irland Gesetze auf, nach deren Inhalt AGBs derart streng kontrolliert werden wie das in Deutschland der Fall ist. Deshalb ist es für die Hersteller der Software vorteilhaft, mit dem Kunden die Anwendbarkeit ausländischen Rechts (Statut) zu vereinbaren. Das Problem: Für das Urheberrecht gilt das Schutzlandprinzip (Art 8 I Rom II VO). Falls der Kunde die Software in Deutschland kauft und hier weiterverkauft, begeht er also keine Urheberrechtsverletzung, weil das ausländische Statut keine Anwendung findet. Das Urheberrecht ist aber nur der eine Teil, der z. B. auch die Frage regelt, ob der Kunde sich strafbar macht, wenn er die Software weiterverkauft. Neben den gesetzlichen Folgen – die ja nicht eintreten – ist noch die Frage zu untersuchen, ob der Kunde vertraglich an die Regelungen des Vertrags gebunden ist. Danach richtet sich z. B. die Frage, ob der Kunde sich schadensersatzpflichtig macht, wenn er sich nicht an die Regeln des Vertrags hält. Das ist bislang nicht abschließend geklärt. Die für Juristen spannende Frage, ob der Erschöpfungsgrundsatz mit den Eingriffsnormen nach Art 9 ROM I VO zu zählen ist (nein, sagt bisher die h. M. ohne überzeugende Argumente), ist für den Praktiker nicht wirklich hilfreich. Denn wer Software eines ausländischen Herstellers erhalten und auch im Rahmen von Softwarepflege oder Releaseverträgen beziehen will, wird sich aus praktischen Gründen an die Regelungen halten. Ist die Unzufriedenheit des Kunden mit der Arbeitsweise der Software so groß, dass man sich ohnehin trennen will, kann man sich gegen die Regelungen stellen. Nach meiner Ansicht sind die Softwarehersteller nicht auf die Führung von Prozessen erpicht, so dass sich hier für den Kunden zumindest gute Vergleiche herausarbeiten lassen.

Fall II: Streckengeschäft. Kaufvertrag zwischen dem Hersteller und dem Integrator auf der einen Seite und dem Integrator und dem Kunden auf der anderen Seite.

In diesen Fällen sehen die Partnerverträge des Herstellers meistens zwingend vor, dass die Integratoren dem Kunden eine EULA aushändigen, die bestimmte rechtliche Regelungen beinhaltet. Die Frage ist immer: Erlangt der Kunde jetzt vom Hersteller oder vom Integrator die Rechte? Und die ist eindeutig zu beantworten: Die Rechte werden nur vom Integrator eingeräumt. Dieser hat mit dem Kunden einen Vertrag über die Einräumung von Nutzungsrechten abgeschlossen. Die EULA selbst kann dem Kunden nicht weniger geben, als er durch den Kaufvertrag erhält. Wenn der Kaufvertrag zwischen dem Integrator und dem Kunden keine eigenen Regelungen über die Einräumung von Nutzungsrechten enthält, richtet sich die Übertragung der Nutzungsrechte rechtlich nach den §§ 31 Abs.5, 69c N1., 69d. Der Kunde erhält diejenigen Rechte, die zur Erfüllung des Vertrags erforderlich sind. Verweisen die Lizenzbestimmungen des Integrators auf die EULA des Softwareherstellers – wie es meistens der Fall ist – dann würden diese Lizenzbestimmungen nach deutschen Recht beurteilt und nach Maßgabe des deutschen Rechts würde sich die Wirksamkeit beurteilen. Ein Vertrag zwischen dem Hersteller und dem Kunden kommt durch die Aushändigung der EULA nicht zustande.

 

Weitere Beiträge

Markenanmeldung einfach erklärt

Sie haben ein Produkt und jeder soll wissen, dass es zu Ihrer Firma gehört. Um einen Wiedererkennungswert zu schaffen, denken Sie sich einen passenden Namen für das Produkt aus. Sie betreiben ein kostenintensives Marketing und investieren in die Qualität des

Mehr lesen »

AÜG für die IT 2024 Teil II

III. Abgrenzbares/ dem Auftragnehmer als eigene Leistung zurechenbarer Auftrag Wie sollen die Einzelverträge /SOWs/ Aufträge formuliert sein? 1.) Abgrenzbares Werk Nach der Rechtsprechung soll es entscheidend sein, ob ein abgrenzbares, dem Auftragnehmer als eigene Leistung zurechenbares Werk, vertraglich vereinbart ist

Mehr lesen »

Markenschutzfähigkeit bejaht für #darferdas

Die Entscheidung des BGH ist bereits vom 30.01.2020 (Az. I ZB 61/17 (pdf)). Sie zeigt aber, wie schwierig es sein kann, eine Marke anzumelden, die nicht aus reinen Phantasie-Wörtern oder Begriffen besteht und vielleicht auch nicht besonders originell ist. Angemeldet wurde die Marke

Mehr lesen »
Nach oben scrollen