Datenschutzrecht: Kameraüberwachung von Nachbarn

Die Fälle häufen sich: Nachbarn klagen wegen Überwachungskameras auf dem Nebengrundstück. Inzwischen scheint sich in der Rechtsprechung eine strenge Linie durchzusetzen, wenn es um die Frage der Zulässigkeit solcher Maßnahmen geht. Dies zeigen auch zwei Entscheidungen aus Nordrhein-Westfalen (AG Dinslaken, Urteil vom 05.03.2015 – 34 C 47/14; LG Detmold, Urteil vom 08.07.2015 – 10 S 52/15).

In beiden Fällen war auf einem Grundstück eine Videokamera installiert worden, in beiden Fällen klagte der Nachbar hiergegen mit Erfolg. Denn, so die Gerichte, die Betreiber der Kameras hätten nicht darlegen können, dass und welche eigenen Interessen diejenigen der Nachbarn so entscheidend überwögen, dass diese die Kameraüberwachung dulden müssten.

Im Detail unterschieden sich die Sachverhalte deutlich voneinander. Dennoch bleibt festzuhalten, dass, wer eine Kamera installieren möchte, die auch die Nachbarn tangiert, sehr gute und vor allem schlüssige Argumente benötigt. Die standen Beklagten in den hier besprochenen Verfahren nicht zur Verfügung.

Im Detmolder Fall war die Kamera auf dem Betriebsgrundstück eines Unternehmens errichtet worden. Die Kamera war mit einem Bewegungsmelder ausgestattet und zeichnete immer dann auf, wenn dieser ausgelöst wurde. Auf dem Grundstück bestand ein Wegerecht für die Bewohner des Nachbargrundstücks, das ausschließlich über diese Zuwegung erreichbar war. Der Unternehmer nahm an, dass die Bewohner und ihre Besucher das Wegerecht überschritten und z.B. Fahrzeuge außerhalb des durch das Wegerecht umfassten Bereichs abstellten. Dies reichte dem Gericht nicht aus: Während der Betriebszeiten bestünden andere, mildere Mittel etwaige Verstöße festzustellen und zu dokumentieren. Außerhalb der Betriebszeiten sei nicht erkennbar, dass etwaige Verstöße so gravierende Störungen des Eigentums des Unternehmers darstellten, dass dadurch eine Totalüberwachung der Bewegungen vom und zum Nachbargrundstück gerechtfertigt wäre.

Im Dinslakener Fall war eine Dome-Kamera an der Hauswand eines Gebäudes installiert worden. Diese Kameras sind so gebaut, dass die eigentliche Kamera unterhalb einer halbrunden schwarzen Kuppel angebracht ist mit der Folge, dass von außen praktisch nicht zu erkennen ist, in welcher Richtung die Kamera tatsächlich ausgerichtet ist. Bewohner des Nachbarhauses befürchteten, durch die Kamera würden ihr Balkon und auch das Innere ihrer Wohnung aufgezeichnet. Der Betreiber der Kamera wandte ein, es handele sich lediglich um Attrappen. Ausgerichtet seien diese lediglich auf den Bereich der Garagen um etwaige Einbrecher abzuschrecken, die von dort aus versuchten in das Gebäude einzusteigen. Auch diese Argumentation überzeugte das Gericht nicht: Dass es sich um Attrappen handele sei irrelevant, genauso die Behauptung, dass die Kamera-Attrappen auf den Garagenbereich ausgerichtet seien. Denn beides lasse sich leicht und – wegen der abgedunkelten Kuppel – unbemerkt ändern. Deswegen stünden die Nachbarn unter einem nicht hinzunehmenden Überwachungsdruck.

Außer einem berechtigten Interesse, das der Betreiber einer Kamera stets nachweisen können muss, wenn durch die Aufnahmen auch Dritte berührt sind, sind auch die weiteren Voraussetzungen des § 6b BDSG zu berücksichtigen. Es muss also beispielsweise auf die Überwachung und die verantwortliche Stelle hingewiesen werden. Auch ist zu beachten, dass die Aufnahmen nicht unbegrenzt lange gespeichert werden dürfen, sondern regelmäßig unverzüglich wieder gelöscht werden müssen.

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