eCommerce: Keine freie Streichung von Geboten bei ebay

Auktionen auf der Internetplattform ebay haben die Gerichte schon häufig beschäftigt. Die Rechtsprechung hat dabei anerkannt, dass die ebay-Nutzungsbedingungen und die Hilfeseiten von ebay das Verhältnis zwischen Verkäufer und Bieter bzw. Käufer regeln. Dies bestätigt auch der BGH nochmals, der sich mit den Möglichkeiten der Streichung einzelner Gebote zu beschäftigten hatte (BGH, Urteil vom 23.09.2015 – VIII ZR 284/14).

Darum ging’s: Der Verkäufer hatte bei ebay einen Jugendstil-Heizkörper zum Verkauf im Wege einer Internetauktion angeboten. Hierauf gab der spätere Kläger das Höchstgebot ab. Allerdings wurde dieses Gebot von dem Verkäufer gestrichen. Im Prozess berief er sich darauf, der Bieter sei in der Vergangenheit dadurch aufgefallen, dass er häufig Gebote zurückziehe. Er sei deshalb als „unseriös“ anzusehen, weswegen das Gebot habe gestrichen werden dürfen.

Das sah auch das LG Neuruppin als Berufungsgericht so, wird vom BGH allerdings mit deutlichen Worten eines Besseren belehrt.

Der BGH stellt fest, dass eine Streichung einzelner Gebote bzw. die Weigerung, mit dem Höchstbietenden tatsächlich einen Vertrag zu schließen, nur in den in den ebay-Nutzungsbedingungen genannten Fällen in Betracht kommt. Darin wird zunächst auf gesetzliche Rechte verwiesen, also die Möglichkeit der Anfechtung bzw. des Rücktritts. Andere Gründe müssten, so der BGH, zumindest ein vergleichbares Gewicht haben wie die gesetzlichen Tatbestände. Gründe können nach den ebay-Nutzungsbedingungen z.B. der unverschuldete Verlust des Artikels sein oder die Unmöglichkeit, die Identität des Bieters festzustellen.

Eine „Unseriösität“ des Bieters aufgrund zurückgezogener Gebote in anderen Auktionen reicht dem BGH indes nicht aus. Dies gelte schon deswegen, weil der Käufer regelmäßig vorleistungspflichtig sei. Der Verkäufer muss also die Ware erst dann versenden, wenn der Käufer gezahlt hat.

Erst Recht widerspricht der BGH der Linie des Berufungsgerichts, ein Grund, der zur Streichung eines Angebots berechtige, müsse dem Verkäufer zum Zeitpunkt der Streichung selbst gar nicht bekannt sein, sondern könne auch später nachgeschoben werden. So war es nämlich im zu entscheidenden Fall gewesen. Dies würde nicht nur jedes Angebot unter ungewisse Vorbehalte stellen. Es stünde auch im Widerspruch zu den ebay-Nutzungsbedingungen, die vorsehen, dass dem Verkäufer die Gründe für eine vorzeitige Angebotsbeendigung zum Zeitpunkt der Streichung bekannt sein müssen.

Das Urteil bringt neben der Bestätigung der Rechtsprechung zur Geltung der ebay-Nutzungsbedingungen zwischen Verkäufer und Käufer bzw. Bieter auch eine weitere Erkenntnis: Wie schon in früheren Urteilen zeigt sich auch hier eine eher käuferfreundliche Linie. Wer Angebote bei ebay einstellt, sollte daher nicht nur sorgfältig bei der Angebotserstellung sein, sondern auch im Verlaufe der Auktion nicht unüberlegt handeln. Denn die Konsequenz sind oft genug Schadensersatzansprüche geprellter Bieter. Aufgrund der Tendenzen in der Rechtsprechung haben sich inzwischen manche ebay-Nutzer geradezu darauf spezialisiert, zu sorglos eingerichtete Angebote auszunutzen.

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