Internetrecht: AGB zur Sperrung digitaler Inhalte unwirksam

Amazon hat vor dem OLG Köln eine Schlappe hinnehmen müssen, welche die Anbieter digitaler Inhalte insgesamt vor Herausforderungen stellt. Das Gericht erklärte eine Klausel in den Amazon-AGB für unwirksam, nach der sich Amazon das Recht vorbehält, Kundenzugänge unter Umständen zu sperren (OLG Köln, Urteil vom 26.02.2016 – 6 U 90/15).

Die streitgegenständliche Klausel betraf die AGB für die Nutzung verschiedener Online-Dienste, über die Nutzer eBooks, MP3-Musikdateien oder Filme erwerben können. Diese digitalen Inhalte werden danach teilweise auf Amazon-Servern gespeichert und können vom Nutzer über den Amazon Cloud Player abgerufen werden. Andere digitale Inhalte, insbesondere eBooks können von den Kunden auf mobilen Endgeräten dauerhaft gespeichert werden.

In seinen AGB legte Amazon unter dem Vorbehalt jederzeitiger Änderung der AGB fest:

„Wir behalten uns das Recht vor, Ihnen Services auf der Webseite vorzuenthalten, Mitgliedskonten zu schließen oder Inhalte zu entfernen oder zu verändern, wenn Sie gegen anwendbare Gesetze, diese Nutzungsbedingungen oder andere anwendbare Vertragsbedingungen oder Richtlinien verstoßen.“

Diese Bestimmung hielt das OLG Köln schon für intransparent, jedenfalls aber für eine unangemessene inhaltliche Benachteiligung des Kunden. Zum Einen können der Nutzer, insbesondere wegen des Änderungsvorbehalts der AGB an anderer Stelle nicht erkennen, welche Verstöße gegen welche konkreten Verpflichtungen das Recht von Amazon auslösten.

Zum Anderen, so das OLG Köln, stelle es jedenfalls eine unangemessene Benachteiligung des Nutzers dar, wenn diesem der Zugriff auf solche digitalen Inhalte wieder entzogen würde, an welchen er dauerhafte Nutzungsrechte erworben hätte.

Das Argument von Amazon, dies wäre auch nicht beabsichtigt, ließ das Gericht nicht gelten. Im Rahmen der Inhaltskontrolle von AGB sei stets von der kundenfeindlichsten Auslegung einer Klausel auszugehen. Und nach dieser Auslegung könne die Klausel gerade nicht so verstanden werden, dass lediglich der Erwerb neuer digitaler Inhalte ausgeschlossen werden solle. Ein solches Verständnis ließe sich wohl auch bei wohlwollendster Lektüre der oben zitierten Klausel nicht entnehmen, die ja unzweideutig davon spricht, Inhalte zu entfernen – entfernt werden kann aber ja nur, was bereits vorhanden war.

Die Klausel stellt Plattform-Anbieter und Betreiber von Cloud-Diensten vor eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. Natürlich besteht aufseiten der Anbieter ein legitimes Interesse daran, solche Nutzer von den Diensten auszuschließen, die gegen geltendes Recht oder die Vertragsbedingungen verstoßen. Auf der anderen Seite wird künftig ein noch größeres Augenmerk darauf zu richten sein, dass nicht den Nutzern auf diese Art und Weise der Zugang zu solchen Inhalten entzogen wird, an denen die Nutzer dauerhafte Rechte erworben haben.

Abgesehen von einer transparenten Formulierung der Klausel kann die Lösung darin bestehen, den Nutzern einen Ausgleich in Form von explizit geregelten Exit-Verfahren zur Verfügung zu stellen. Ähnliche Exit-Szenarien werden hinsichtlich personenbezogener Daten durch die neue EU-Datenschutzgrundverordnung ohnehin Einzug halten müssen. Es lohnt sich also doppelt, die eigenen AGB in dieser Hinsicht einmal unter die Lupe zu nehmen.

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