Umfassende vorvertragliche Beratungs- und Aufklärungspflicht des IT-Dienstleisters gegenüber dem Auftraggeber

Den IT-Dienstleister trifft eine umfassende Informations- und Beratungspflicht gegenüber dem Auftraggeber, wenn der IT-Dienstleister als Auftragnehmer im Rahmen der Vertragsverhandlung erkennen kann, dass die praktische Einführung der neuen Software den Auftraggeber vor erhebliche personelle Schwierigkeiten stellen wird. Dies gilt vor allem dann, wenn die tatsächliche Einführung der Software im laufenden Geschäftsbetrieb des Auftraggebers mit den vorhandenen Mitarbeitern und neben dem weiterlaufenden Geschäftsbetrieb kaum möglich ist. Im vorliegenden Fall verfügte die Auftraggeberin nur über drei bis vier Mitarbeiter und war daher personell nicht in der Lage, das Projekt über einen erheblichen Zeitraum von mehreren Monaten neben der normalen Geschäftstätigkeit dauerhaft umzusetzen. Hinzu kamen Verzögerungen auf Seiten des Auftragnehmers und IT Dienstleisters, die zu einer Verlängerung  der Einführungsphase führten.

 

Nach Auffassung des OLG Schleswig hätte der IT Dienstleister diese Schwierigkeit im Rahmen der Vertragsverhandlung erkennen können und müssen. Der IT-Dienstleister hätte den Auftraggeber auf diese möglichen Schwierigkeiten und Folgen aufgrund seiner vorvertraglichen Hinweis- und Schutzpflichten hinweisen müssen, da er – anders als der Auftraggeber – über die entsprechend Fachkenntnis und Erfahrung verfügte.

Da er dies nicht getan hat, hat  er gegen seine vorvertragliche Beratungs- und Aufklärungspflicht verstoßen und hat  sich damit schadensersatzpflichtig gemacht. Er war daher verpflichtet, den Vertrag rückabzuwickeln. Diese Entscheidung des OLG Schleswig zu dem Aktenzeichen 17 U 49/15 vom 03.06.2016 ist nunmehr rechtskräftig, da der BGH mit Beschluss vom 10.01.2017, Aktenzeichen VIII ZR 128/16, die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten (des IT-Dienstleisters) zurückgewiesen hat.

Jenny Wieske

Weitere Beiträge

Markenanmeldung einfach erklärt

Sie haben ein Produkt und jeder soll wissen, dass es zu Ihrer Firma gehört. Um einen Wiedererkennungswert zu schaffen, denken Sie sich einen passenden Namen für das Produkt aus. Sie betreiben ein kostenintensives Marketing und investieren in die Qualität des

Mehr lesen »

AÜG für die IT 2024 Teil II

III. Abgrenzbares/ dem Auftragnehmer als eigene Leistung zurechenbarer Auftrag Wie sollen die Einzelverträge /SOWs/ Aufträge formuliert sein? 1.) Abgrenzbares Werk Nach der Rechtsprechung soll es entscheidend sein, ob ein abgrenzbares, dem Auftragnehmer als eigene Leistung zurechenbares Werk, vertraglich vereinbart ist

Mehr lesen »

Markenschutzfähigkeit bejaht für #darferdas

Die Entscheidung des BGH ist bereits vom 30.01.2020 (Az. I ZB 61/17 (pdf)). Sie zeigt aber, wie schwierig es sein kann, eine Marke anzumelden, die nicht aus reinen Phantasie-Wörtern oder Begriffen besteht und vielleicht auch nicht besonders originell ist. Angemeldet wurde die Marke

Mehr lesen »
Nach oben scrollen