Mitwirkungspflichten in IT- Verträgen Teil I: Wo und wie zu formulieren?

Mitwirkungspflichten in IT- Verträgen

Teil I:  Wo und wie zu formulieren?

Teil II: Kontrolle und Rechtsfolgen, wenn der Kunde die Mitwirkungspflichten nicht erfüllt?

AGB und Mitwirkungspflichten

Mitwirkungspflichten spielen eine große Rolle in IT-Verträgen. Häufig genug sind „Mitwirkungspflichten“ aber keine Mitwirkungspflichten, sondern Leistungspflichten des Auftraggebers. Diese Unterscheidung ist deshalb wichtig, weil Mitwirkungspflichten  in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eigentlich nur im Werkvertragsrecht vereinbart werden können. Der richtige Standort für Mitwirkungspflichten sind eigentlich nur Projektverträge, die auf Werkvertragsrecht basieren, Softwarepflege- und Managed Services Verträgen. In Kaufverträgen, Mietverträgen oder Supportverträgen kann man Mitwirkungspflichten eigentlich nicht in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbaren. Der Grund hierfür besteht darin, dass der Begriff Mitwirkungspflicht nur im Werkvertragsrecht des BGB erwähnt wird. Nach der Rechtsprechung des BGH gehören auch Softwarepflege- bzw. Managed Services- Verträge zu der Gruppe der Werkverträge.

An welcher Stelle müssen Mitwirkungspflichten / Leistungspflichten des Kunden dokumentiert werden.

Das Gesetz besagt, dass bestimmte Leistungspflichten zwischen dem Kunden und dem Auftragnehmer in einem sogenannten synallagmatischen Verhältnis stehen. Es besteht eine Abhängigkeit zwischen der Pflicht des IT- Unternehmens, bestimmte Produkte zu erstellen bzw. Arbeiten zu leisten und der Pflicht des Kunden, Geld zu zahlen. Zu den originären Pflichten des Kunden gehört aber im Mietrecht, Dienstvertragsrecht und Kaufrecht nicht, Arbeiten zu leisten. Der Kunde muss nicht selbst für den Erfolg des Vertrages arbeiten, sondern „nur“ Geld bezahlen.  Die Verträge, in deren Rahmen der Kunde arbeiten muss und gleichzeitig auch noch Geld bezahlen muss, werden von den Juristen meist als Gesellschaftsverträge qualifiziert.

Natürlich zeigt sich auch hier, dass das BGB nicht an die Besonderheiten des IT- Rechts angepasst ist. Wenn man mit Rechtsanwälten der Auftraggeber Verträge verhandelt, zeigt sich schnell, dass diese auf der Einhaltung eines Gesetzes bestehen, dass die Besonderheiten eines IT- Vertrags nicht berücksichtigt. Denn natürlich muss der Kunde in vielen Fällen auch selbst aktiv mitarbeiten, um den Erfolg eines Vertrages zu gewährleisten. Nur ist der richtige Standort für die Verortung dieser Leistungspflichten nicht der Standardtext eines Vertrages, sondern die Leistungsbeschreibung selbst.

Wenn es sich um Standardleistungen handelt, die das IT- Unternehmen erbringt, ist der richtige Standort für die Benennung der Leistungspflichten des Kunden das Angebot bzw. der Leistungsschein oder Auftrag. In Projekten kann zwangsläufig keine genaue Beschreibung der Leistungspflichten des Kunden im Angebot erfolgen. Die Mitwirkungspflichten sind deshalb in einer gesonderten Dokumentation konkret zu fassen, egal ob es das Lastenheft, Pflichtenheft, Blueprint oder Backlog ist.

Wenn man die Leistungspflichten des Kunden an transparenter Stelle als Leistungspflichten ausweist, ist der Streit darüber, ob man Leistungspflichten des Kunden als Mitwirkungspflichten in Allgemeinen Geschäftsbedingungen formulieren kann, obsolet. Dem Kunden muss klargemacht werden, dass seine Leistungspflicht eben nicht nur darin besteht, Geld zu zahlen sondern zwingend auch noch bestimmte Arbeitsleistungen erforderlich sind, damit der Vertrag erfolgreich durchgeführt werden kann.

Im Projektgeschäft kommen natürlich Tools wie Jira etc. zur Anwendung. Auch dort kann man natürlich die konkreten Mitwirkungspflichten des Auftraggebers hinterlegen. Mir ist nur immer wichtig, dass sichergestellt wird, dass der Kunde auch darüber informiert ist, dass in dem Tool konkrete Informationen für den Auftraggeber hinterlegt wurden, also dass der Auftraggeber über das Bestehen bestimmter Mitwirkungspflichten informiert wurde.

Wie konkret sind Mitwirkungspflichten zu formulieren?

Das für das Projektgeschäft typische „wer macht was wann mit welchen Mitteln“ gilt natürlich auch für die Mitwirkungspflichten. Die Mitwirkungspflichten sind in Abhängigkeit zu dem technischen Verständnis der Zielgruppe so genau zu formulieren, dass die entsprechenden Personen, die der Zielgruppe angehören, auch verstehen, was zu welchem Zeitpunkt von ihnen zu bewirken ist. Unklarheiten in der Formulierung gehen zulasten des IT- Unternehmens.

Und noch einmal: Irgendwelche Formulierungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die da lauten, „der Auftraggeber hat die erforderlichen Maßnahmen zu erbringen, die den Projekterfolg sicherstellen“ haben juristisch betrachtet keinen Wert. Man sitzt hier zwangsweise vor einem Richter, der sich die Frage stellt, was genau eigentlich von den Mitarbeitern des Kunden verlangt wird. Wenn diese Frage nicht eindeutig beantwortet werden kann, gilt die entsprechende Mitwirkungspflicht als nicht vereinbart.

Das IT- Unternehmen trägt die Last dafür, dass bestimmte Mitwirkungspflichten von den Mitarbeitern des Auftraggebers verstanden wurden und hat sicherzustellen, dass dies so umgesetzt wird. Das bedeutet faktisch, dass das IT- Unternehmen gut beraten ist, im Falle dessen, dass der Kunde einzelne Mitwirkungspflichten nicht richtig erbringt oder sich mit der Erbringung von Mitwirkungspflichten in Verzug befindet, schnell nachzufassen.

Um eine juristisch valide Basis zu sein, müssen Mitwirkungspflichten also rechtzeitig, konkret und verständlich formuliert werden und es muss dem Kunden an prominenter Stelle kommuniziert werden, dass der Erfolg des Vertrages von der Erbringung dieser Leistungen abhängig ist.

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