BREXIT und die Folgen: Was wird aus Unionsmarken?

Rechtsanwalt Alexander Tribess
Die Entscheidung der Briten für einen Austritt aus der Europäischen Union ist da – wie konkret die künftigen Verhältnisse zwischen den EU und dem UK aussehen werden, wird sich allerdings erst nach langen Verhandlungen herauskristallisieren. Für Unternehmen bedeutet dies Unsicherheiten in vielen Bereichen. Was zum Beispiel aus den unionsweit geltenden gewerblichen Schutzrechten wird, ist derzeit unklar. Eine Anpassung der Schutzrechtsstrategien scheint hier unerlässlich, um einen maximalen Schutz von Marken oder Designs zu erhalten.
Die Vorteile der europäischen Schutzrechte gegenüber nationalen Eintragungen liegen auf der Hand – mit einer einzigen Schutzrechtseintragung erreichen Unternehmen den Schutz von Marken und Designs in allen Mitgliedsstaaten der Union. Bricht nun mit dem UK ein Land aus dieser Union heraus, stellt sich die Frage, was mit den unionsweit geschützten Marken und Designs geschieht: Verlieren sie nachträglich ihren Schutz im UK, oder gelingt es den Verhandlern, den Schutz auch künftig sicherzustellen?
Welche Szenarien sind denkbar, und welche Strategien können Unternehmen angesichts der bestehenden Unsicherheit jetzt wählen? Damit will sich der Beitrag im Folgenden beschäftigen.
Denkbar sind vier Wege für das Schicksal der unionsweiten Schutzrechte:
1. Der UK fällt aus dem Schutzbereich einfach heraus
Der UK hätte hier die maximale Eigenständigkeit bewiesen. Alle Schutzrechte, die bislang EU-weit bestehen, gälten im UK nicht mehr. Es blieben nur noch nationale Marken und Designs übrig.
Wahrscheinlich ist das allerdings schon deswegen nicht, weil auch britische Unternehmen dadurch ihrer Schutzrechte verlustig gingen, die bislang ausschließlich beim EUIPO in Alicante bestehen. Auch diese hätten dann auf dem heimischen Markt keine Schutzrechte mehr inne. Kaum vorstellbar, dass diese Variante umgesetzt wird. Denn sie entspricht weder den Interessen der EU noch denen des UK.
2. Die europäischen Regeln gelten einfach weiter fort
Theoretisch auch denkbar ist es, dass die EU-Regeln einfach weiter gelten. Alle bestehenden Schutzrechte und auch alle Neuanmeldungen gelten weiterhin in der EU und auch im UK. Praktisch änderte sich also nichts.
Wirklichkeit wird diese Variante allerdings höchst wahrscheinlich auch nicht werden. Denn das bedeutete in der Konsequenz, dass der UK keinerlei Einfluss mehr auf die Gestaltung des Rechtsrahmens hätte, gleichwohl aber dessen Auswirkungen mittragen müsste. Die Entscheidung nach einem Mehr an nationaler Souveränität wäre also auf das Gröbste konterkariert und ins Gegenteil verkehrt.
3. Fortgeltung der EU-Regeln für bestehende Schutzrechte
Auch eine Light-Variante der 2. Option ist denkbar. Die EU-Regeln gelten weiter, aber nur für bereits bestehende Marken und Designs. Neuanmeldungen würden dann nicht mehr im UK gelten, sondern müssten dort national angemeldet werden bzw. international über die WIPO auf den UK erstreckt werden.
Letztlich entstünde hier aber dasselbe Problem. Denn vor allem Marken haben eine theoretisch zeitlich unbegrenzte Schutzwirkung. Bei entsprechenden Verlängerungen würden im UK also auch hier neue EU-Regelungen angewendet werden müssen, auf die britische Politiker keinerlei Einfluss mehr hätten.
4. Umwandlung der EU-Schutzrechte in nationale britische Schutzrechte
Am wahrscheinlichsten scheint daher eine 4. Lösungsmöglichkeit, bei der sämtliche EU-Schutzrechte im UK weiter gelten würden, allerdings als nationale britische Schutzrechte. Für die Zukunft unterlägen sie dann nicht mehr den EU-Regeln, sondern den nationalen britischen Gesetzen. Damit wäre sowohl dem britischen Interesse an mehr nationaler Souveränität als auch dem Interesse an einer Fortgeltung bestehender Schutzrechte Rechnung getragen. Der Teufel liegt hier natürlich im Detail.
Welche Strategien empfehlen sich?
Weil keines der Szenarien aber Stand heute als gesichert gelten kann und weil ebenfalls nicht sicher ist, dass bei einer Umwandlung von Unions-Schutzrechten EU-Unternehmen britischen vollständig gleichgestellt würden (Diskriminierungsverbote gibt es ja dann nicht mehr), sollten Schutzrechtsanmelder zur Sicherheit bereits jetzt reagieren: Bei Anmeldung von Unions-Schutzrechten sollte eine zusätzliche internationale Erstreckung auf den UK erwogen werden – zumindest dann, wenn der britische Markt tatsächlich im Fokus steht. Gegenüber einer rein nationalen Anmeldung besteht der Vorteil darin, dass die Erstreckung bequem von Deutschland aus und ohne britische Anwälte erledigt werden kann. Dieselbe Strategie empfiehlt sich, wenn Schutzrechte erst kürzlich angemeldet wurden, weil dann noch eine prioritätswahrende Erstreckung möglich ist. Das bedeutet, dass das britische Schutzrecht denselben Anmeldetag erhält wie das unionsweite Schutzrecht. Die Kosten für solche Erstreckungen sind überschaubar und angesichts der dadurch gewonnenen Sicherheit eine angemessene Investition.