Datenschutzrecht: Videoüberwachung zur Diebstahl-Vermeidung

Rechtsanwalt Alexander Tribess
Die Videoüberwachung von Geschäftsräumen ist datenschutzrechtlich nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Geradezu lehrbuchmäßig zeigt ein Urteil des VG Saarlouis, welche Möglichkeiten bestehen und worauf bei Einrichtung einer Videoüberwachung zu achten ist (VG Saarlouis, Urteil vom 29.01.2016 – 1 K 1122/14).
Darum ging’s: In einer Apotheke kam es in erheblichem Umfang zu Diebstählen. Ob diese durch Kunden oder durch Mitarbeiter der Apotheke begangen werden, ließ sich nicht feststellen. Der Apotheker installierte daraufhin mehrere Videokameras in der Apotheke, worauf er an der Eingangstür auch hinwies. Drei Kameras überwachten den Verkaufsraum, eine weitere die Schleuse und eine dritte den Betäubungsmittelschrank. Gegen die Kameras im Verkaufsraum und am Betäubungsmittelschrank erließ die Datenschutzbeauftragte des Saarlands einen Bescheid und forderte zu deren Entfernung auf. Hiergegen richtete sich die Klage des Apothekers.
Das Gericht prüfte die Anforderungen an jede der Kameras und kam zu einem differenzierten Ergebnis:
1. Die Kameras im Verkaufsraum seien an § 6b BDSG zu messen, denn es handele sich bei dem Verkaufsraum um einen öffentlich zugänglichen Bereich. Hier sei eine Videoüberwachung nur dann zulässig, wenn sich der Apotheker auf sein Hausrecht oder sonst auf die Wahrung berechtigter Interessen berufen könne. Berechtigte Interessen könnten zwar grundsätzlich darin zu sehen sein, dass es dem Apotheker um die Vermeidung von Diebstählen gehe. Allerdings habe er nichts dazu ausgeführt, was erkennen lasse, dass es überhaupt zu nennenswerten Diebstählen gerade im Bereich des Verkaufsraums gekommen sei. Dementsprechend könne auch nicht festgestellt werden, dass das Aufstellen der Kameras hier einen irgendwie gearteten positiven Effekt haben könne. Aus demselben Grunde könne der Apotheker die Videoüberwachung auch nicht auf das Hausrecht stützen. Denn auch hier sei nicht ersichtlich, welche Gefährdungslage konkret bestehe und wie dieser durch die Videoüberwachung beizukommen sei.
2. Hinsichtlich der weiteren beanstandeten Kamera am Betäubungsmittelschrank sei § 6b BDSG nicht einschlägig. Denn hierbei handele es sich nicht um einen öffentlich zugänglichen Bereich, sondern um einen abgetrennten Raum, der nur den Apothekenmitarbeitern offen stehe. Auf gesetzlicher Grundlage sei die Überwachung hier aber ebenfalls nicht zulässig. Denn zur Aufdeckung von Straftaten sei eine Datenverarbeitung zwar grundsätzlich möglich – dazu bedürfte es aber konkreter Anhaltspunkte, an denen es hier ebenfalls mangelte.
Folglich konnte der Apotheker die Videoüberwachung an dieser Stelle nur „retten“, indem er Einwilligungen sämtlicher Mitarbeiter vorlegte. Dies konnte er im Verlaufe des Verfahrens auch tun, und zwar in einer den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Form. Das BDSG schreibt nämlich vor, dass eine Einwilligung schriftlich erklärt werden muss. Außerdem kann sie nur wirksam erteilt werden, wenn Art und Zweck der Datenverarbeitung hinreichend genau beschrieben werden. Schließlich musste jeder Mitarbeiter eine separate Einwilligung erteilen – ein zuvor einmal vorgelegtes Sammel-Unterschriftendokument war nicht wirksam. Keine Bedenken hatte das Gericht allerdings gegen die Einwilligung durch Arbeitnehmer generell – diese wird in der datenschutzrechtlichen Literatur immer wieder in Frage gestellt.
Die Entscheidung zeigt, welche Kriterien bei der Frage nach Art und Umfang einer Videoüberwachung zu berücksichtigen sind. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen öffentlichen und nicht-öffentlichen Bereichen. Außerdem ist sorgfältig zu klären, ob gesetzliche Tatbestände die Zulässigkeit der Videoüberwachung absichern oder ob eine Einwilligung der Betroffenen einzuholen ist.