Änderungsvorbehalt in Allgemeinen Geschäftsbedingungen – BGH Urt.v. 11.10.2007

1.)    BGH Urt.v.11.10.2007

§§ 307 Abs.1, 308 Nr.4 BGB

Beim Angebot eines Internetzugangs und zugehöriger Produkte sind selbst bei Berücksichtigung eines außerordentlich großen, unvorhersehbaren technischen Wandels Änderungsklauseln unwirksam, die auch eine Änderung der vertraglichen Essentialia Negotii umfassen sic h nicht auf einzelne Bereiche der Geschäftsverhältnisse beschränken.

Kommentar: In der Entscheidung geht es um zwei Fragekreise:

          In welchem Umfang darf der Anbieter im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen überhaupt seine Leistungen ändern, ohne daß dem anderen Teil ein Kündigungsrecht zusteht?

Antwort BGH: Nur in sehr, sehr engen Grenzen. Grundsatz ist zunächst das Alte Wort: Verträge hat man zu halten, und so zwar so wie sie geschlossen wurden und nicht anders. Niemand kann im Nachhinein den Inhalt eines Vertrags ändern, ohne daß der Vertragspartner seine Zustimmung erklärt. Ein solcher Änderungsvorbehalt bedeutet im Zweifel die Möglichkeit der Schlechterstellung des anderen Teils; und eben das kann im Kleingedruckten nicht vereinbart werden.

Wirtschaftlich wird damit das Risiko, das Dauerschuldverhältnissen innewohnt und in einer Veränderung von Umweltbedingungen besteht, wieder an den Verwender der AGB zurückgegeben, was ich persönlich für richtig halte. Das Recht sagt, daß Dauerschuldverhältnisse maximal für einen Zeitrahmen von zunächst zwei Jahren und danach revolvierend für jeweils ein Jahr abgeschlossen werden dürfen. Während dieser Zeitspannen können sich technische und / oder rechtliche Rahmenbedingungen so ändern, daß der Anbieter entweder die Leistung nicht mehr erbringen kann oder diese sinnlos werden. Der Normalfall bestünde darin, daß beide Parteien darüber einen neuen Konsens suchen, wie mit der geänderten Situation umzugehen ist. Die Verwender von AGB versuch(t)en allerdings immer, dies zu verhindern und sich das Recht einzuräumen, selbst über einen geänderten Leistungsinhalt zu bestimmen, den der andere Teil schlicht zu akzeptieren habe.  Wenn überhaupt, so der BGH, sei eine solche Änderungsbefugnis des Verwenders der AGB  nur statthaft, wenn erstens ein triftiger Grund vorliegt und die Klausel, die den Änderungsvorbehalt beinhaltet, klar und deutlich die Voraussetzungen der Änderung und ihrer Konsequenzen benennt. Dies wird in den wenigsten Fällen möglich oder gewünscht sein. Die Antwort heißt entweder auf eine lange Vertragsbindung zu verzichten oder im Falle von Änderungen mit dem Kunden neu zu verhandeln. Fremdbestimmung ist grundsätzlich nicht erlaubt. Eine gute Entscheidung.

          Wie müssen die AGB formuliert sein, damit sich der Anwender der AGB sich das Recht vorbehalten kann, eine Preisanpassung vorzunehmen.

Die Klausel darf dem Verwender nicht die Möglichkeit gewähren, den Preis anzuheben und so eine Gewinnminderung zu vermeiden oder sogar eine Gewinnerhöhung zu erzielen. Deshalb muß die Befugnis von Kostenerhöhungen abhängig gemacht werden und die einzelnen Kostenelemente und deren Gewichtung bei der Bildung des Gesamtpreises offengelegt werden. Auch dies wird in den wenigsten Fällen der Fall sein.  Kein Anbieter will der Konkurrenz freien Einblick über die Faktoren gewähren, die den Gewinn bestimmen. Schon deshalb sind die allermeisten Anpassungsklauseln ihr Geld nicht wert. Die Änderung von Faktoren, die allein in den Risikobereich des Verwenders fallen, führt zu einem Anpassungsbedarf, der eigentlich eine Änderungsmöglichkeit nach sich zieht. Die Klausel entlastet den Verwender von diesem Risiko.

Stefan G. Kramer

Rechtsanwalt

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