Wettbewerbsrecht: Werbeverbot für Arzneimittel

Das Heilmittelwerbegesetz (HWG) enthält strenge Regelungen, wie für ein Arzneimittel geworben werden darf. 

Es kann aber Ausnahmen zu diesen strengen Regeln geben. 

In einer aktuellen Entscheidung hat der BGH entschieden, dass die Benennung eines Arzneimittels im Rahmen einer öffentlichen Auseinandersetzung nicht gegen das HWG verstößt, siehe Urteil des BGH vom 26.03.2009, Az. I ZR 213/06. 

Grundlage des Rechtsstreits war die Diskussion über die Festsetzung eines Festbetrages eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels. Das Arzneimittel wird für die Senkung hoher Cholesterinspiegel eingesetzt. Im Juli 2004 wurde für das Arzneimittel ein Festbetrag festgesetzt; der Betrag wurde vom herstellenden Pharmaunternehmen beanstandet. Das Pharmaunternehmen war der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Aufnahme in den Festbetragskatalog nicht gegeben seien, da das Arzneimittel in seiner therapeutischen Wirkung mit anderen Arzneimitteln nicht austauschbar sei. Konsequenterweise hat das Unternehmen in der Folgezeit die Preise nicht auf den festgesetzten Betrag gesenkt. 

Das Verhalten des Pharmaunternehmens wurde von diversen Seiten kritisiert und es erfolgte eine entsprechend negative Berichterstattung in der Presse. Daraufhin hat das Pharmaunternehmen eine ganzseitige Zeitungsanzeige mit dem Titel „Können Kassenpatienten wirklich auf Sortis verzichten“ geschaltet. Ein Verband klagte gegen diese Anzeige und hat vorgetragen, die Anzeige verstoße gegen § 10 Abs. 1 HWG (Verbot der Publikumswerbung) und gegen § 4 As. 3 Satz 1 HWG (Pflicht zum Hinweis auf Risiken und Nebenwirkungen). 

Der BGH hat nunmehr die Auffassung vertreten, dass die Anzeige nicht gegen § 10 Abs. 1 HWG verstoße. Es handele sich zwar um Werbung für ein Arzneimittel. Allerdings habe das Pharmaunternehmen aufgrund der kritischen Äußerungen gegenüber dem Arzneimittel das Recht, den eigenen Standpunkt darzustellen. Deshalb war es dem Unternehmen gestattet gewesen, das Arzneimittel zu benennen, den Anwendungsbereich des Mittels aufzuzeigen und das Mittel mit den Konkurrenzarzneimitteln vergleichen zu dürfen. Anhand dieser Tatsachen könne das Unternehmen nämlich seine Auffassung darlegen, dass die gesetzliche Festbetragsregelung für sein Medikament nicht einschlägig ist. Das Pharmaunternehmen könne sich insoweit auf die Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG berufen. 

Die Werbung des Pharmaunternehmens sei jedoch insoweit zu beanstanden, als dass die Pflichtangaben nach § 4 Abs. 3 Satz 1 HWG in der Anzeige nicht gut lesbar angebracht worden waren. Die Meinungsfreiheit des Unternehmens reiche nicht soweit, dass diese Pflicht aufgehoben sei.

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