Werkvertrag: Mitwirkungspflichten des Auftraggebers

Das Gesetz schützt den Unternehmer, wenn der Auftraggeber die Mitwirkungspflichten nicht richtig oder rechtzeitig erfüllt. Solche Mitwirkungspflichten können im Bereich des IT entstehen, wenn der Auftraggeber z.B. nicht die richtigen Informationen oder Daten liefert oder keinen Zugang zu den Computern gewährt. Im Bereich des Maschinenbaus kann der Auftraggeber gehalten seinen, die richtigen Informationen oder Anschlüsse zur Verfügung stellen, Zugänge zu gewähren.

Obliegenheiten: Nach dem gesetzlichen Modell sind Mitwirkungspflichten Obliegenheiten. Obliegenheiten sind Pflichten, deren Verletzung nur demjenigen zur Last fällt, der die Obliegenheit zur Last fällt. Es sind keine Vertragspflichten, die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehen. Der Lieferant kann den Kunden nicht zur Vornahme der Handlungen zwingen oder ihn auf die Vornahme der Handlungen zu verklagen. Diesen Weg kann man nur gehen, wenn man den Vertrag entsprechend gestaltet hat.

§ 295 s.2 BGB – Gläubigerverzug

Unterlässt der Kunde die Vornahme der erforderlichen Mitwirkungshandlungen, gerät er in Annahmeverzug. Voraussetzung ist aber stets, daß der Unternehmer den Kunden zur Vornahme der Mitwirkungshandlung aufgefordert hat. Durch die Aufforderung kommt der Kunde in Annahmeverzug.

Dieser Umstand ist deshalb von so großer Bedeutung, weil in dieser Phase keine Vertragsstrafen zu Lasten des Unternehmers geltend gemacht werden können. Eine Vertragsstrafe kann nur dann geltend gemacht werden, wenn der Unternehmer den Verzug verschuldet hat. Sofern der Kunde aber in Annahmeverzug ist, hat der Unternehmer den Verzug nicht verschuldet. Etwaige Vertragsstrafenregelungen laufen also immer leer, sofern der Unternehmer den Kunden rechtzeitig zur Vornahme einer relevanten Mitwirkungshandlung auffordert.

§ 642 BGB

Ist der Kunde in Verzug, schuldet er Entschädigung neben der Vergütung. Dies ist eine gesetzlich vorgegebene Regelung. Der Unternehmer kann also nicht nur die Vergütung verlangen. Die Entschädigung ist ein Kompensat für die Zeitverzögerung, für die Fixkosten durch Personal oder Maschinenlaufzeiten, die durch die Vornahme der verpäteten Handlung entsteht.

Dieser Anspruch ist in der Praxis ungemein wertvoll. Natürlich wird kein Unternehmer den Kunden unter Druck setzen, wenn dieser die Mitwirkung nicht erbringt. Dem Kunden steht ja jederzeit die Möglichkeit zur Verfügung, den Vertrag nach § 649 BGB zu kündigen. Aber: Wenn man sieht, daß ein Projekt stockt und deshalb im Endeffekt gefährdet ist, kann man den Kunden auffordern, die ihm obliegenden Mitwirkungspflichten zu erbringen und damit eine Entschädigung geltend machen, die sonst nicht fällig wäre. Das wichtige an dieser Entschädigung ist, daß sie verschuldensunabhängig ist. Es ist egal, ob der Kunde den Verzug verschuldet hat oder nicht. Es ist egal, ob der Kunde die mangelnde Mitwirkung entschuldigt oder nicht: Er schuldet eine Entschädigung.

§ 643 BGB

Einen Schritt weiter, vielleicht aber in die falsche Richtung geht der § 643. Danach kann der Unternehmer die Kündigung aussprechen, wenn der Kunde die erforderliche Mitwirkungshandlung nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erbringt. Der Unternehmer muß in seiner Erklärung ganz deutlich machen, daß er den Vertrag für den Fall, daß die Mitwirkungshandlung nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erbracht wird, kündigt. Juristen sprechen hier von einer Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung.  Der Vertrag ist im Hinblick auf die Zukunft aufgelöst und wird im Hinblick auf die Vergangenheit voll abgerechnet. Anders als in dem Moment, in dem der Unternehmer nach § 649 BGB die Kündigung erklärt und der Unternehmer auch noch eine Entschädigung verlangen kann, fehlt die Entschädigungszahlung im Falle der Kündigung nach § 643 BGB. Die eigentlich geschuldete Vergütung kann also im Falle einer Kündigung nach § 643 BGB nicht gefordert werden. Aber manchmal ist es gut, ein Projekt zu annullieren.

§ 322 Abs.2 BGB

Der Unternehmer kann auch nach § 322 Abs.2 vorgehen und verlangen, daß der Kunde die Vergütung zahlt, wenn er die Gegenleistung zu erbringen anbietet, nachdem der Kunde die Mitwirkungspflicht erbracht hat.

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