Softwarelizenzrecht: Projektverträge und Vertragstyp Teil III

Teil 1: Generelle Vorüberlegungen

Teil 2: Abgrenzung zwischen Dienst- und Werkvertragsrecht

Teil 3: Abgrenzung zwischen Kauf- und Werkvertragsrecht

Sofern Sie mit den Begriffen AGB oder  Individualvereinbarung nicht vertraut sind, lesen Sie bitte erst an den betreffen Stellen weiter.  Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich nur auf die Gestaltung von Standardverträgen (AGB) und nicht auf ausverhandelte Verträge. Die nachfolgenden Ausführungen sind für die Überlegung relevant, nach welchen Kriterien Standardprojektverträge im Feld der IT auszugestalten sind. Kein Mensch wird ernsthaft behaupten, jeden Vertrag über die Lieferung und Parametrisierung und Customizing immer wieder auszuverhandeln und dabei die strengen Maßstäbe zu erfüllen, die der BGH anlegt. Die grundsätzlichen Überlegungen habe ich in den Teilen 1 und 2 bereits dargelegt.

Wie bereits mehrfach dargelegt, dürfen Regelungen in Standardverträgen nicht wesentlich vom gesetzlichen Leitbild abweichen und dadurch eine unangemessene Benachteiligung des Kunden bewirken, § 307 Abs.2 BGB. Anschaulich gesagt, kann ein Kaufvertrag keine Regelungen über Mitwirkungspflichten in den AGB regeln, weil die Mitwirkung des Kunden dem Kaufrecht fremd ist. Regelt man dennoch, dass der Kunde bei der Lieferung einer Sache mitzuwirken hat, wäre diese Klausel im Zweifelsfall vor Gericht nichts wert. Das Gesetz besagt, dass bei der Formulierung von Standardverträgen stets das gesetzliche Leitbild zu beachten ist. Das Leitbild, nach dem wir hier suchen, ist das entweder das des Kauf- oder des Werkvertragsrechts. Der BGH hat in seiner vielfach besprochenen Entscheidung vom 23.7.2009 erkannt, dass selbst dann Kaufrecht und nicht Werkvertragsrecht zur Anwendung kommt, wenn eine bewegliche Sache IT- also auch Software – gegen eine einfache Beschreibung hergestellt wird und die Planung selbst kein Bestandteil des Vertrags ist. Das bedeutet für IT- Verträge: Sofern einzig gegen das Lastenheft / Workshopprotokoll (oder wie auch immer Sie es nennen) realisiert wird und der Kunde nicht weiter in Planungen einbezogen wird, die die Realisierung des späteren Endprodukts betreffen, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit Kaufrecht anwendbar.

Die Unterscheidung, die das BGB vernünftigerweise zugrundelegte – Kaufrecht gilt für fertiggestellte Dinge, Werkvertragsrecht für neu herzustellende Dinge – gilt nicht. Das alte Recht fragte, ob im Falle des Auftretens von Schwierigkeiten diese durch den Herstellungsprozess verursacht wurden – dann war Werkvertragsrecht anwendbar – oder ob die Schwierigkeiten aus der Lieferung der fertigen Teile resultierten – dann kam Kaufrecht zur Anwendung. Schloss man also einen Vertrag über die Lieferung von SAP Lizenzen und deren Customizing ab, wurde gefragt, ob der Mangel im Frameset oder in der Arbeit der SAP Integratoren bestand. Das war vernünftig. Jeder konnte damit leben und es gilt heute nicht mehr.

Heute haben Sie die Wahl: Wollen Sie, dass Kaufrecht zur Anwendung kommt – oder möchten Sie das Risiko eingehen, mit den Ergebnissen zu leben – können Sie Ihre Arbeit so ausgestalten, dass Sie einzig gegen das Lastenheft realisieren. Möchten Sie dies nicht, müssen Sie weitere hermeneutische Zirkel in die Realisierungsarbeit einbeziehen, so dass die Planung und die Mitwirkung des Kunden im Rahmen der Planungsarbeit zum Bestandteil des kostenpflichtigen Vertrags wird.

Teil IV: Warum ist es vernünftig, Werkvertragsrecht zur Anwendung zu bringen?

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