Softwarelizenzrecht: Leasingverträge und Weitergabeverbote Teil IV

Die Leasingbank steht in dieser Situation vor einer Reihe von Problemen. Nach den AGB der Leasingbanken hat der Lieferant dafür einzustehen, daß sich das Leasinggut auch weiter übertragen lässt. Beispiel: Eine Maschine wird verleast (Abzahlungslease); über das Vermögen des Leasingnehmers (Kunde) wird insolvenz angemeldet. Die Bank kann aufgrund ihrer Sicherungsrechte (Eigentumsvorbehalt) die Sache bei dem Insolvenzverwalter herausverlangen und an einen Dritten weiterverkaufen. Durch diese Möglichkeit des Weiterverkaufs mindert die Leasingbank ihr Insolvenzrisiko.

Bei Software ergeben sich aber eine Reihe neuer Probleme: Zum einen muß die Bank das Leasinggut genau bestimmen können. Das klappt bei Maschinen anhand Seriennummern gut. Bei Software müsste die Frage gestellt werden, welche Software genau dem Leasingnehmer eigentlich geliefert wurde und wie man die Software an die Bank herausgeben kann. Denn in der heutigen Zeit wird Software häufig in nicht körperlicher Form geliefert. Entweder kommt der Lieferant und installiert eine Kopie seiner Software auf einem der Rechner des Kunden; oder die Software wird per Download bezogen. Falls zudem noch ein Softwarepflegevertrag bestand, müsste die Bank auch noch die genaue Versionsnummer der Software angeben. Die Bank muß also wissen, welche Software ganz konkret geliefert wurde (die Dateien) und wo die Dateien sich befinden. Das hört sich banal an, ist es aber nicht. Der Schuldner ist pleite, seine Computer stehen irgendwo in einer Halle.

Im nächsten Schritt droht das juristische Desaster, das auch die Geschäftsführer des Lieferanten beschäftigt. Sofern der Hersteller dem Leasingnehmer nämlich ein Weitergabeverbot per AGB auferlegt hat, kann der Insolvenzverwalter versucht sein zu sagen, daß er die Software nicht herausgibt, da er anderenfalls gegen die Lizenzbestimmungen verstößt. Sofern er das berechtigterweise tut, wird sich die Bank an den Lieferanten wenden und Schadensersatzansprüche geltend machen. Die Bank wird geltend machen, mit dem Lieferanten einen Vertrag abgeschlossen zu haben, nach dessen Inhalt sie die Software verwerten konnte. Der Lieferant habe mit dem Hersteller einen Vertrag abgeschlossen, nach dessen Inhalt der Vertrag zwischen der Bank und dem Lieferanten zwanghaft gebrochen werden müsse, sofern der Kunde in die Insolvenz ginge.

Dieses Ergebnis wird zwar im Ergebnis nicht zu halten sein, da der Hersteller der Software das urheberrechtliche Weitergabeverbot der Software hier dazu benutzt, den Wettbewerb mit den anderen Leasingbanken faktisch auszuschalten. Nach dem OEM Entscheidung vom 08.08.2000 steht eine solche Praxis auf sehr dünnem Eis. Damals hatte Microsoft versucht, das urheberrechtliche Regelungen dazu zu nutzen, rabattierte Software auf bestimmten Betriebswegen zu verkaufen und war damit gescheitert. Und auch heute dürfte das Verbot der Weitergabe von Software im Leasing jedenfalls dann unwirksam sein, wenn es sich um einen Fall des Abzahlungsleasing handelt. Denn während das generelle Verbot des Vermietens den Zweck verfolgt, eine zu hohe Intensität der Nutzung der Software zu verhindern (anstelle daß 5 Leute die Software kaufen, kauft sie einer und vermietet sie an 4 andere), geht es im Falle des Weiterverkaufs von Software darum, daß ein Kunde die Software nicht mehr nutzen kann – er ist insolvent – und anstelle seiner ein anderer Kunde die Software nutzt. Was hier die Interessen des Herstellers beeinträchtigt ist das Interesse, denselben Gegenstand zweimal zu verkaufen. Und zwar auf Kosten der finanzierenden Bank. Dies Interesse ist nachrangig.

Aber: Die Frage, die sich der Lieferant der Software hier stellt, ist ob er gegen den Hersteller der Software einen Prozeß anstrengen wird.

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