AGB-Recht: Haftung Teil II mittelbare und unmittebare Schäden

Im Gegensatz zu dem Amerikanischen Recht kennt das deutsche Recht keine Unterscheidung zwischen mittebaren oder unmittelbaren Schäden. Es kommt nicht darauf an, ob der Schaden unmittelbar an dem verletzten Rechtsgut selbst eingetreten ist oder an anderen Rechtsgütern. Falls Sie mit dieser Terminologie nichts anfangen können, möchte ich es mit einem Beispiel versuchen: Falls Sie einen Fernseher kaufen, der infolge eines Herstellungsfehlers bei Ihnen zu Hause in Flammen aufgeht und die Wohnzimmergarnitur abrennt, besteht der „unmittelbare Schaden“ in dem Fernseher, der nun keiner mehr ist und der mittelbare Schaden besteht in der Verletzung der übrigen Wohnzimmereinrichtung. Das Gesetz kennt die Begriffe mittelbarer und unmittelbarer Schaden nicht (Oetker in Müko, Rn 97. zu § 249 BGB). Das erste Problem bei der Beschreibung dessen, was der unmittelbare bzw. mittelbare Schaden sein soll, besteht in der Beschreibung des Rechtsguts, an dem ein Schaden entstanden ist.

Das klingt profan, ist es aber nicht.Das liegt daran, daß Umsatzausfälle durch das Gesetz nur unzureichend abgedeckt werden, aber genau diese im Falle der verspäteten Lieferung oder des Auftretens eines Mangels einer Software oder Maschine den Hauptteil der finanziellien Einbußen des Kunden ausmachen.

Zwei begriffliche Ansatzpunkte bestehen:

a.) Man kann ansetzen und versuchen, Umsatzeinbußen unter den Begriff des Schadens zu subsumieren. Das Ergebnis befriedigt aber nur bedingt.  § 823 BGB ist die Kardinalnorm des Schadensersatzrechts, die besagt, dass jemand, der ein dort genanntes Rechtsgut verletzt, zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet ist. Das Problem besteht aber darin, dass der § 823 BGB an dem Begriff des absoluten Rechtsguts, also dem Eigentum an Leib, Leben, Gesundheit oder dergleichen ansetzt.

In dem von mir gewählten Beispiel des Fernsehers kann man noch klar definieren, was das geschützte Rechtsgut sein sollte, nämlich das Eigentum an dem Fernseher und der übrigen Wohnungseinrichtung, die sich im Wohnzimmer befindet. Aber Umsatzeinbußen sind eben kein absolutes Rechtsgut. Nicht jede Auswirkung einer fehlerhaften Software oder Maschine, die zu einer Minderung des Vermögens oder von Vermögensaussichten führt, ist nach der juristischen Sichtweise ein Schaden. Schon deshalb ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorkommende Differenzierung zwischen mittelbaren und unmittelbaren Schäden obsolet.

Das deutsche Recht besagt, daß der Schädiger den geschädigten so zu stellen hat wie er ohne das geschädigte Ereignis stünde. Was zum Begriff des Schadens zählt, wird durch eine Bewertung des Juristen festgelegt. Die juristische Definition besteht in dem Begriff des „kausal adäquaten Geschehensablaufes“ womit umschrieben wird, daß der Schädiger für diejenigen Schäden haftet, die ihm der Richter zurechnet. Dazu bedarf es aber keine Differenzierung

b.) Der zweite Weg führt über den Begriff des entgangenen Gewinns. Aber auch dieser Begriff passt nicht, wenn es darum geht, Umsatzeinbußen zu erfassen.

Richtig ist, dass in § 252 BGB der entgangene Gewinn geregelt wird. Der entgangene Gewinn (gleichbedeutend mit dem Produkt, das sich aus der Gleichung Umsatzerslös – Kosten ergibt) ist aber eben nicht gleichzusetzen mit dem Begriff des Vermögensschadens, den der Kunde durch einen Fehler der Software erleiden kann. Sofern bei uns im Betrieb die Software nicht mehr funktioniert, drückt sich dies zunächst auf der Seite des Umsatzerlöses aus und erst nachfolgend auf der Seite des Gewinns. So richtig es ist, dass durch das Institut des Schadensersatzrechts der Geschädigte so zu stellen ist, als wenn der Schaden nicht eingetreten wäre, so verkehrt ist es, eine solche Kompensation an dem Begriff des entgangenen Gewinns festmachen zu wollen. Das Recht kennt den Begriff des entgangenen Umsatzerlöses eben nicht.

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