Softwarelizenzrecht: Lizenzmodelle Teil II

Im ersten Teil dieser Serie habe ich dargelegt, dass die Zulässigkeit von bestimmten Vertragsbedingungen im Softwarelizenzrechte davon abhängt, ob a) Allgemeine Geschäftsbedingungen (also Standardverträge) oder Individualvereinbarungen verwendet werden und b) ob dem Kunden die Nutzungsrechte an der Software endgültig oder nur zeitlich beschränkt übertragen werden. Die hier gemachten Ausführungen gelten nur für den Bereich der Standardbedingungen. Mit Individualvereinbarungen lassen sich andere Regelungen wirksam vereinbaren.

Vergütung nach der Leistungsintensität

a) CPU-Klauseln und Lizenzierungen nach CORES seit dem Jahre 2002 (BGH Urteil vom 24.10.2002) hat der BGH deutlich gemacht, dass eine Lizenzierung, die die Höhe der Lizenzgebühr von einem bestimmten Rechnertyp abhängig macht, nur im Rahmen von Mietverträgen wirksam vereinbart werden kann. CPU-Klauseln können in Kaufverträgen über Software nicht wirksam vereinbart werden (OLG Frankfurt, Entscheidung vom 10.03.1994, siehe auch die Ausführungen des BGH vom 24.10.2002). Diese Rechtsprechung erscheint auf den ersten Blick vielen „ITlern“ sinnwidrig, ist aber einfach zu erklären.

Gemäß § 307 Abs. 2 Satz 1 BGB sind Abweichungen von dem gesetzlichen Leitbild in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur üblich, wenn damit keine wesentliche Beeinträchtigung des anderen Vertragsteils bedingt wird. Ganz salopp gesprochen darf man in Standardverträgen dann, wenn man das Grundmodell des Kaufvertrags wählt, eben keine mietrechtlichen Regelungen aufnehmen. Umgekehrt darf man in Mietverträgen keine Regelungen aufnehmen, die dem Kaufrecht entsprechen. Das Leitbild des Kaufrechts besteht im Hinblick auf die Vergütung eben darin, dass der Verkäufer einmal die Möglichkeit hat, für den Verkauf seines Werkes eine angemessene Vergütung zu verlangen. Nutzt der Käufer  das Werk später in einer anderen und profitableren Art und Weise als es der Verkäufer zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorhersehen konnte, ändert dies nichts daran, dass der Verkäufer eben keinen rechtlichen Anspruch darauf hat, einen höheren Kaufpreis verlangen zu können. Wenn Mercedes Benz einen Regionalbus an die städtischen Verkehrsbetriebe Fulda verkauft, kann Mercedes Benz nicht nach Ablauf von zwei Jahren einen höheren Kaufpreis verlangen, falls sich herausstellt, dass die Stadtwerke Fulda mit diesem Bus eben nicht nur den Regionalverkehr von Fulda bedienen, sondern auch überregional tätig sind und insofern höhere Profite durch den Einsatz des Busses erzielt werden. Anderes kann im Rahmen eines Mietvertrags vereinbart werden. Wenn Mercedes Benz den Bus vermietet und in die Mietbedingungen hineinschreibt, dass der Bus nur pro Jahr 30.000 Kilometer fahren darf, dann kann eine Nutzung, die diesen Kilometerbetrag überschreitet, nachträglich vergütet werden. Der Kaufvertrag ist eben etwas anderes als ein Mietvertrag. Noch drastischer und noch simpler: Wenn Sie sich einen PKW kaufen, kann der Kaufpreis des PKWs auch nicht davon abhängig sein, dass Sie später ungeplant Nachwuchs in der Familie haben. Weiß der Verkäufer zum Zeitpunkt des Abschluss des Kaufvertrags, dass Sie zwei Kinder haben, kann er nicht später eine Erhöhung des Kaufpreises dadurch verlangen, dass das Auto nun intensiver genutzt wird, da Sie nun drei Kinder haben. Einwendungen wie diese, dass dies überall auf der Welt anders sei als in Deutschland, sind nicht von der Hand zu weisen. Deutschland ist eben das Land, das eine Regelung aufweist, nach deren Inhalt in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht von dem Leitbild des jeweiligen gesetzlichen Regelungsgegenstandes abgewichen werden kann. Der gesetzliche Regelungsgegenstand des Kaufrechts – und der ist anwendbar, wenn die Nutzungsrechte an Software endgültig und vorbehaltslos übertragen werden – besagt eben, dass man einmal die Möglichkeit hat, einen Kaufpreis zu verlangen. Eine spätere intensivere Nutzung der Kaufsache durch den Käufer führt nicht dazu, dass der Kaufpreis sich nachträglich erhöht und vom Verkäufer verlangt werden kann. Dies ist vom BGH seit dem Jahr 2002 auch für den Bereich des Softwarelizenzrechts abschließend festgestellt worden.

b) Beschränkungen nach Anzahl der Cores

Software kann so programmiert werden, dass die einzelnen Threats in verschiedenen Cores der Computer ablaufen. Dies führt aber ebenfalls nicht zu einer Erhöhung der Vergütungspflichten. Es wäre willkürlich vom Softwarehersteller festzulegen, ob seine Software nur durch einen Core oder durch mehrere Cores bearbeitet wird und entsprechend mehr oder weniger Gebühren verlangt werden müssen. Mir ist schon nicht ersichtlich, warum Unternehmen wie Oracle, die diese Lizenzierungspolitik anwenden, nicht auf die Idee gekommen sind, die Anzahl der Transistoren, die in den ICs verwendet werden, zum Maßstab einer Lizenzierung zu machen. Und obgleich in vielen tragbaren Computern – gleich ob Note- oder Netbooks – Dual-Core-Prozessoren arbeiten, kam Microsoft bislang noch nicht auf die Idee, für seine Produkte eine zusätzliche Lizenzgebühr einzufordern. Natürlich wird auch die Software von Microsoft in verschiedenen Cores bearbeitet; dies führt aber selbst nach der Ansicht von Microsoft nicht dazu, dass eine Erhöhung bezüglich des Kaufpreises der Software verlangt werden kann. Es gibt viele gute Ideen, wie man Geld verlangen kann. Diese ist eine, die rechtlich nicht durchsetzbar ist. Auch hier gilt: Wir mit einem Standardvertrag ein Kaufpreis festgelegt, kann sich der Kaufpreis nicht nachträglich ändern, wenn die Software auf einem Computer betrieben wird, der mehrere Cores hat.

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