Softwarevertragsrecht: Typische Fehler Teil IV Kompatibilität

Inkompatibilität

Die Aussage, die Software solle kompatibel zur Systemumgebung sein setzt ersteinmal voraus, daß man weiß, zu welchen Systemen die Kompatitibilität eigentlich bestehen soll. Mangelnde Kompatibilität zu einem bestimmten Produkt wird juristisch nur dann als „Mangel“ im Sinne des Gewährleistungsrechts zu qualifizieren sein, wenn a.) die Kompatibilität zu einem bestimmten Produkt vereinbart war oder b) die mangelnde Kompatibilität einen objektiven Mangel darstellt, weil die Systemumgebung als „normal“ zu bezeichnen ist.

Nach dem Gesetz geschuldet ist, daß die Software in der vereinbarten Systemumgebung ablaufähig ist oder in der Systemumgebung, die dem normalen, technischen bewährten und anerkannten Stand der Technik entspricht. Der Zeitpunkt für diese Kompatibilität ist der Moment, in dem die Gefahr auf den Käufer übergeht (also regelmäßig die Auslieferung  oder Installation) oder im Werkvertragsrecht die Übergabe. Wenn die Software zu diesem Zeitpunkt in der dann vorhandenen Systemumgebung ablauffähig ist, ist der Vertrag erfüllt. Ändert der Kunde später die Systemumgebung und ergibt sich kausal aus dieser Änderung ein Mangel der Software, liegt im Kauf und Werkvertragsrecht kein Mangel vor, weil nur die Mangelfreiheit bezogen auf den Zeitpunkt der Übergabe / Abnahme geschuldet ist. Und ganz deutlich: Alles andere wäre auch sachlich nicht zu rechtfertigen. Die regelmäßige Gewährleistungsfrist beträgt für Kauf und Werkverträge zwei Jahre. Welche Anbieter wird ernsthaft einen Vertrag eingehen, nach dessen Inhalt er dem Kunden die Kompatibilität zu einer Systemumgebung verspricht, die erst in zwei Jahren auf den Markt kommt? So ich denn ein Produkt auf den Markt bringe, das auf einer Microsoftplattform ablauffähig ist, werde ich nicht versprechen, daß mein Produkt mit jedweden Software kompatibel ist, die Microsoft innerhalb von zwei Jahren  herausgibt. Das wäre nicht sachgerecht und auch nicht vom Gesetzgeber gewollt.

Die Überlegungen führen schnell zu der Erkenntnis, daß die Gewährleistung mit jedem Change erlöschen kann, nämlich dann wenn der Change kausal für die Fehlfunktion ist. Ist er es nicht, liegt ein Fall der Gewährleistung vor.  Die Gerichtsentscheidungen neigen dazu, Inkompatibilität nur dann als Mangel zu bewerten, wenn eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung über das Bestehen der Kompatibilität getroffen wurde (Aufzählung bei Marly, Praxishandbuch Softwarerecht, 5.A, Rn.1442ff.). Zu unterlassen sind entsprechend vertragliche Aussagen wie „Kompatibel zu Microsoft Word“ oder ähnliches, weil damit der Anschein erweckt werden kann, die Software wäre mit jedweder Version von Word ablauffähig.

 

Stefan G. Kramer

 

 

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