Softwarelizenzrecht: Klassische Lizenzmodelle geraten ins Wanken

Viele Software-Unternehmen werden ihre Lizenzierungsmodelle von Grund auf neu gestalten müssen. Denn mit einer Entscheidung des OLG Frankfurt (Teilurteil vom 18. Dezember 2012 – 11 U 68/11) ist die neue Rechtsprechung des EuGH zur sogenannten Gebrauchtsoftware nun auch endgültig in Deutschland angekommen.

Worum geht es: Mit einem viel beachteten Urteil versetzte der Europäische Gerichtshof im vergangenen Sommer die Software-Branche in Aufruhr: In der Entscheidung „Oracle./.UsedSoft“ (Urteil vom 03. Juli 2012 – C-128/11) erklärten die Richter die gängigen Lizenzbedingungen für unwirksam, soweit sie eine Weitergabe von für einen unbefristeten Zeitraum erworbenen Softwarelizenzen untersagten.

Mit der willentlichen Übertragung der zeitlich unbefristeten Nutzungsrechte trete Erschöpfung bezüglich des Verbreitungsrechts an der Software ein. Dies gelte unabhängig davon, ob die Software auf einem Datenträger körperlich übergeben oder eine Programmkopie lediglich online übermittelt werde. Dieser Umstand könne auch nicht durch anderslautende Klauseln in den Lizenzbedingungen des Schutzrechtsinhabers umgangen werden.

Im Klartext: Die branchenübliche Praxis, Nutzungsrechte zwar zeitlich unbefristet zu übertragen, eine Weitergabe aber dennoch auszuschließen, ist hinfällig.

Das OLG Frankfurt löst in seiner oben genannten Entscheidung Adobe./.UsedSoft nun noch weitere Steine aus der vordem vermeintlich unverrückbaren Mauer der Lizenzbedingungen:

1. Nach Auffassung des Senats ist es unbeachtlich, ob der Schutzrechtsinhaber im konkreten Fall einen betriebswirtschaftlichen Gewinn durch den Erstverkauf der Software erzielt hat. Würden bestimmten Abnehmern besondere Rabatte eingeräumt, sei es „nicht Sache der Gerichte, die Wirtschaftlichkeit der Preispolitik […] oder die Angemessenheit des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung zu überprüfen“. Solche besonderen Konditionen änderten nichts an der grundsätzlichen – und vom EuGH ausdrücklich geforderten – Möglichkeit, eine dem wirtschaftlichen Wert entsprechende Vergütung zu erzielen.

2. Das OLG Frankfurt erkannte auch den Einwand von Adobe nicht an, durch die Weiterveräußerung sei es zu einer unzulässigen Aufspaltung ursprünglich gebündelter – und deshalb vergünstigt übertragener – Lizenzen gekommen. Die Richter kamen vielmehr zu dem Schluss, dass mehrere unter einer einheitlichen Volumenlizenz zusammengefasste Nutzungsrechte auch einzeln übertragen werden können, solange die Gesamtzahl der weiterveräußerten Nutzungsrechte sich nicht verändere.

Gegen ein Geschäftsmodell, das bewusst auf den massenhaften Erwerb von billigen Volumenlizenzen abzielt, um diese dann mit Gewinn weiterzugeben, räumt das OLG Frankfurt den Software-Unternehmen zwar immerhin die Möglichkeit einer täuschungsbedingten Anfechtung oder der allgemeinen Missbrauchseinrede ein.

Dennoch bleibt festzuhalten, dass die bisher praktizierten Lizenzmodelle keinen wirksamen Schutz mehr vor einer Weiterverbreitung von Software bieten. Ungeachtet technischer Möglichkeiten zu deren Unterbindung kann eine juristische Lösung in einer Hinwendung zur zeitlich befristeten Übertragung von Nutzungsrechten liegen.

Der BGH wird gleich doppelt Gelegenheit haben, der neuen Rechtslage Kontur zu geben: Im Sommer wird die Entscheidung in Sachen Oracle./.Used Soft erwartet. Und auch in Sachen Adobe./.UsedSoft ist bereits Revision eingelegt.

Siehe hierzu auch unseren Beitrag: http://anwaltskanzlei-online.local/2013/10/27/softwarelizenzrecht-zustimmungs-und-vermessungsklauseln-fuer-weiterverkauf-unzulaessig/

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