Urheberrecht: Leistungsschutzrecht für Einzelbilder gilt auch für Filme

Mit einer sehr komplexen Entscheidung hat der BGH die Rechte der Urheber ein weiteres Mal gestärkt (Urteil vom 06.02.2014 – I ZR 86/12). Kern der Entscheidung: Das Leistungsschutzrecht für dokumentarische Einzelbilder gilt auch für die Verwertung einer Vielzahl von Einzelbildern als Film. Danach können Urheber bei unberechtigter Vervielfältigung Unterlassung und Wertersatz verlangen.

Der BGH hatte im konkreten Fall über eine sehr bekannte Dokumentarfilm-Sequenz zu entscheiden, die einen gescheiterten Fluchtversuch an der Berliner Mauer am 17.08.1962 zeigt. Die Kläger behaupteten, der damalige Kameramann habe ihnen die Rechte an dem Film übertragen. Nun wehrten sie sich gegen die Ausstrahlung der Sequenz im Rahmen eines Fernsehbeitrags.

Der BGH trifft nun in zweierlei Hinsicht eine für Urheber bzw. Rechteinhaber interessante Entscheidung:

Zum einen weist der Senat den Einwand zurück, ein Anspruch sei schon deswegen ausgeschlossen, weil durch die – unbestrittene – jahrzehntelange Duldung der Ausstrahlung in diversen Fernsehsendungen Verwirkung eingetreten sei. Denn jede Ausstrahlung sei für sich zu bewerten. Die neuerliche Ausstrahlung in jüngerer Zeit sei demnach ohne weiteres zu verfolgen. Denn die Duldung in den vergangenen Jahrzehnten könne nicht zu einer Abkürzung der Verjährung für die neuen Fälle einer möglichen Urheberrechtsverletzung führen.

Der zweite Aspekt betrifft die Frage, welches Recht eigentlich durch die Ausstrahlung verletzt werden könnte. Denn zweifelsohne handelt es sich bei einem reinen Dokumentarfilmbeitrag weder um ein Filmwerk noch um eine Summe von Lichtbildwerken. Denn dem Dokumentarfilm kommt keine urheberrechtliche Werkeigenschaft zu, weil es an der notwendigen eigenen geistig-künstlerischen Schöpfung fehlt.

Hier findet der BGH einen Kniff und unterwirft den Film dem Leistungsschutzrecht gem. § 72 UrhG. Dieses gilt grundsätzlich nur für Einzelbilder. Allerdings ist ein Film ja lediglich eine schnelle Abfolge vieler, vieler Einzelbilder. Der BGH erklärt hierzu nun, dass der Schutz der Einzelbilder des Films auch dann gelte, wenn diese in Form des Films unbefugt genutzt würden.

Für die Praxis bedeutet die Entscheidung, dass Prüfungen von Filmbeiträgen jedweder Art auf mögliche Rechte Dritter mit noch größerer Sorgfalt durchgeführt werden müssen. Auf die unbeanstandet gebliebene vorherige Ausstrahlung allein dürfen sich weder Fernsehanstalten noch Programmmacher von Internet-Portalen mehr verlassen.

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