Filesharing: Domain-Registrar haftet für offensichtliche Urheberrechtsverstöße

Liegen offensichtliche Urheberrechtsverletzungen vor, haftet ein Domain-Registrar – also ein technischer Dienstleister, der für die Anmeldung und Verwaltung der Domain zuständig ist – unter Umständen selbstständig gegenüber den Inhabern der Verwertungsrechte. Das entschied das LG Saarbrücken (Urteil vom 15.01.2014 – 7 O 82/13).

In dem Verfahren ging es um eines der weltweit größten sog. BitTorrent-Netzwerke. Über diese Netzwerke werden die Rechner der angemeldeten Nutzer zu einem Verbund zusammengeschaltet, innerhalb dessen permanent Dateien, insb. auch Musik und Videos, ausgetauscht werden. Die Netzwerke werden vielfach dazu genutzt, urheberrechtlich geschützte Werke, also Musikalben und Filme, unter den Nutzern kostenlos auszutauschen. Dies ist ein Verstoß gegen die Verwertungsrechte der Urheber, durch den diesen teilweise ein nicht unerheblicher wirtschaftlicher Schaden entsteht.

Bei der Domain handelt es sich um eine .com-Adresse, welche auf ein auf den Seychellen – und dort offenbar unter einer bloßen „Briefkasten-Adresse“ – ansässiges Unternehmen angemeldet war. Der Server, über den das BitTorrent-Netzwerk organisiert wurde, stand in den Niederlanden. Als Registrar hatte sich der Domain-Inhaber eines hierfür speziell akkreditierten deutschen Unternehmens bedient.

Dieses wurde nunmehr auf Unterlassung der über die Domain, bzw. das darüber erreichbare BitTorrent-Netzwerk begangenen Urheberrechtsverstöße hinsichtlich eines bestimmten Musikalbums in Anspruch genommen. Die Domain musste daraufhin „dekonnektiert“, also gesperrt werden.

Der Verteidigungslinie des Registrars, er habe – was unzweifelhaft richtig ist – keinen Einfluss auf die auf der Seite abrufbaren Inhalte, sondern biete lediglich technische und administrative Dienstleistungen an, folgte das Gericht dabei nicht. Denn, so die Saarbrücker Richter, die Rechtsverletzung sei derart offensichtlich, dass auch der Registrar selbst auf Unterlassung als Störer hafte.

Vorausgegangen war dem Rechtsstreit nämlich zunächst ein Informationsschreiben. Daraufhin hatte der Registrar auch mitgeteilt, wer der eigentliche Domain-Inhaber sei und auch diesen selbst über die Rechtsverstöße in Kenntnis gesetzt. Eine Antwort von den Seychellen erfolgte jedoch nicht. Nach weiterem Schriftverkehr folgte dann die Abmahnung unter Fristsetzung, welche der Registrar aber zurückwies.

Das Gericht führte nun aus, dass der Registrar mit der Anmeldung der Domain und deren Verwaltung einen Beitrag dazu leiste, die urheberrechtsverletzenden Inhalte im Internet abrufbar zu machen. Damit sei er grundsätzlich als Störer anzusehen, und dies obwohl an dem Geschäftsmodell des Registrars ohne Zweifel ein öffentliches Interesse bestehe und er auch keineswegs grundsätzlich Rechtsverstößen Vorschub leiste.

Allerdings, und das sei entscheidend, habe der Registrar auf die Informationsschreiben der Rechteinhaberin nicht alles ihm wirtschaftlich und technisch Zumutbare getan, um die Rechtsverletzung abzustellen. Spätestens nachdem der Rechteinhaber auf die Rechtsverletzung aufmerksam gemacht hatte und keine Reaktion seitens des Domain-Inhabers erfolgt war, musste der Registrar davon ausgehen, dass hier ein rechtswidriges Angebot betrieben wurde. Die Sperrung der Seite wäre dem Registrar danach auch möglich und angesichts des hierfür erforderlichen Aufwands auch zumutbar gewesen.

Dies gelte auch für den Fall, dass sich der Domain-Inhaber schließlich doch noch melden und sich zur Unterlassung verpflichten würde. Dann müsste der Registrar die Seite wieder freischalten und – aus seiner eigenen Unterlassungspflicht heraus – regelmäßig daraufhin überprüfen, ob das streitgegenständliche Musikalbum nicht doch wieder zugänglich gemacht würde. Auch der hierfür erforderliche Personalaufwand sei für ein wirtschaftlich tätiges Unternehmen zu leisten.

Eine Überspannung der Anforderungen wäre erst erreicht, wenn verlangt würde, dass sämtlich von dem Registrar angemeldeten und verwalteten Domains auf eine Abmahnung hin regelmäßig und proaktiv auf entsprechende Rechtsverstöße hin untersucht werden müssten. Eine solche Pflicht trifft lediglich den Hosting-Anbieter selbst (s. auch http://anwaltskanzlei-online.local/2013/11/13/urheberrecht-pruefpflichten-von-hosting-anbietern-erneut-verschaerft/).

Den Rechteinhaber treffe schließlich auch nicht der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs wegen der Abmahnung gegenüber dem Registrar. Denn in der vorliegenden Konstellation ist es nicht zu beanstanden, wenn gegen das in Deutschland ansässige Unternehmen statt gegen den Hosting-Anbieter in den Niederlanden oder den Domain-Inhaber auf den Seychellen vorgegangen werde.

Das Urteil weist eine ganze Reihe von Besonderheiten auf. Dennoch erweitert es die Haftung in diesem Bereich ganz beträchtlich. Domain-Registrare werden Prozesse implementieren müssen, die ihnen eine adäquate Reaktion und nachträgliche Kontrolle für den Fall ermöglichen, dass über von ihnen verwaltete Seiten offensichtliche Rechtsverstöße begangen werden. Dies gilt auch und insbesondere für BitTorrent-Dienste.

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