Datenschutzrecht: Kündigung wegen Facebook-Veröffentlichungen

Der Fall hat bundesweit Schlagzeilen gemacht: Eine Krankenschwester der Kinderintensiv-Station veröffentlichte Fotos von sich und einem schwer kranken Säugling auf ihrem Facebook-Profil. Wegen schwerwiegender Verstöße gegen die vertragliche und gesetzliche Schweigepflicht kündigte der Arbeitgeber daraufhin fristlos, ersatzweise ordentlich. Ob dies zu Recht erfolgte, hatte das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (LAG) zu entscheiden (Urteil vom 11.04.2014 – 17 Sa 2200/13). Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, sondern beschäftigt zurzeit das Bundesarbeitsgericht.

Das LAG stellte zweierlei fest: Erstens – und am wichtigsten – unterstrich das Gericht, dass die Veröffentlichung der Bilder des Patienten auf dem Facebook-Profil einen schwerwiegenden Verstoß gegen die sowohl vertraglich als auch gesetzlich bestehende Schweigepflicht der Mitarbeiterin darstellte. § 5 BDSG statuiert die Schweigepflicht bezogen auf personenbezogene Daten, von denen Beschäftigte im Betrieb Kenntnis erhalten. Und § 203 StGB stellt die Offenbarung von unter ärztlicher Schweigepflicht stehenden Informationen sogar unter Strafe. Diese Vorschrift gilt auch für das Pflegepersonal. Daneben hatte das Krankenhaus seine Mitarbeiter auch vertraglich nochmals explizit auf strikte Geheimhaltung verpflichtet. Die Veröffentlichung sei daneben auch grundsätzlich geeignet, die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen in nicht hinzunehmender Art und Weise zu beeinträchtigen.

Aus diesem schwerwiegenden Verstoß folgt „ohne Weiteres“ – so das Gericht – das Recht des Arbeitgebers zur außerordentlichen Kündigung. Würde das BAG diese Auffassung bestätigen, gäbe es für Arbeitgeber eine erfreuliche Rechtssicherheit für die Fälle, in denen Mitarbeiter insbesondere über soziale Netzwerke erhebliche Informationen aus dem betrieblichen Umfeld verbreiten. Bildveröffentlichungen aus Kranken- und Pflegeeinrichtungen, Kindergärten, o.ä. sind natürlich Extremfälle. Allerdings mögen auch sonstige Geheimnisbrüche geeignet sein, das Vertrauen in die Zuverlässigkeit des Beschäftigten nachhaltig zu stören.

Im konkreten Fall sah das LAG Berlin-Brandenburg allerdings weder ausreichenden Anlass für eine außerordentliche noch für eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Grund hierfür waren verschiedene Umstände: Das Kind war nur wenige Wochen alt und verstarb kurz nach den Veröffentlichungen an seinen schweren Erkrankungen. Eine Erkennbarkeit für Außenstehende konnte also beinahe ausgeschlossen, der Grad der Persönlichkeitsrechtsverletzung damit als gering eingestuft werden. Außerdem werteten die Richter es positiv, dass die Veröffentlichung ausschließlich in liebevoller Art und Weise geschehen war, weil die Pflegerin offenbar eine enge persönliche Beziehung zu dem Jungen aufgebaut hatte. Darüber hinaus kam es der Krankenschwester zugute, dass sie auf ein Gespräch mit dem Arbeitgeber hin sofort sämtliche Bilder gelöscht und später auch noch den Namen ihres Accounts geändert hatte. Alle Umstände zusammengenommen ließen den grundsätzlich schweren Verstoß im Einzelfall als nicht so gravierend erscheinen. Es sei daher dem Arbeitgeber durchaus zuzumuten, eine Abmahnung auszusprechen, das Arbeitsverhältnis aber fortzusetzen.

Die Entscheidung des LAG ist zu kritisieren. Denn obschon die Einschränkungen der Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht von der Hand zu weisen sind, so bleibt es doch bei einem massiven Verstoß der Krankenschwester gegen die Grundregeln jedes Berufs im medizinischen Umfeld. Zudem hat das Gericht außer Acht gelassen, dass in der Veröffentlichung von Bildern eines vollkommen wehrlosen Säuglings eine besonders schwere Verfehlung liegt. Die Überlegungen des LAG weichen die Schweigepflicht und die Persönlichkeitsrechte von Patienten in gefährlicher Weise auf. Wenn künftig ein Verstoß nur noch dann als Kündigungsgrund taugt, wenn dieser den Patienten nicht in liebevoller, sondern zusätzlich in verhöhnender oder verächtlich machender Weise zeigt, wird der Arbeitnehmerschutz eindeutig überzogen. Es bleibt zu hoffen, dass das BAG die Entscheidung korrigieren und die Kündigung bestätigen wird.

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