eCommerce: Unternehmer muss Ausnahmen vom Widerrufsrecht nicht erläutern

Die korrekte Belehrung und Information von Verbrauchern ist für Unternehmer im eCommerce eine zentrale Pflicht. Verstöße sind häufig Gegenstand von Abmahnverfahren, die insbesondere von Verbraucherschutzverbänden betrieben werden. Das kann leicht teuer für die betroffenen Unternehmen werden, weswegen die Internetangebote regelmäßig überprüft und an die sich ändernde Rechtslage angepasst werden sollten. Zu Ausnahmen vom Widerrufsrecht allerdings muss der Unternehmer nicht vorab für jeden Einzelfall Erläuterungen bereitstellen. Das entschied das KG Berlin (Urteil vom 27.06.2014 – 5 U 162/12).

Im konkreten Fall ging es um nach individuellen Kundenwünschen konfigurierte Notebooks, die über einen Online-Shop angeboten wurden. Ein Verbraucher wollte den Vertragsschluss widerrufen, was der Unternehmer aber verweigerte. Hierzu berief er sich darauf, dass für solche individuell angefertigten Produkte kein Widerrufsrecht bestehe.

Tatsächlich kann ein Unternehmer bei solchen Waren den Widerruf dann verweigern, wenn die Rücknahme und der Rückbau der zusammengesetzten Einzelteile für ihn nicht oder nur mit unzumutbarem Aufwand möglich wären. Einen entsprechenden Hinweis hatte der Unternehmer im Rahmen der Widerrufsbelehrung auch erteilt.

Der klagende Verbraucherschutzverband meinte, eine lediglich „pauschale“ Wiedergabe der gesetzlichen Regelung sei keine hinreichende Belehrung. Diese müsse bezogene auf den jeweiligen Einzelfall erfolgen, damit der einzelne Kunde bereits vor dem Kauf wisse, ob für seinen konkreten Fall ein Widerrufsrecht bestehe oder nicht.

Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht indes lehnte die Klage insoweit ab. Eine solche Pflicht des Unternehmers zu einer einzelfallbezogenen Belehrung bestehe nicht. Er genüge den gesetzlichen Anforderungen, wenn er die grundsätzlichen Ausschlussgründe für das Widerrufsrecht in die Belehrung aufnehme. Es sei dann Sache des Verbrauchers gegen eine im Einzelfall unter Umständen falsche Rechtsauffassung des Unternehmers vorzugehen. In einem solchen Verfahren trage dann der Unternehmer die Beweislast dafür, dass tatsächlich eine Unzumutbarkeit bestehe. Dadurch seien die Interessen der Verbraucher hinreichend geschützt.

Eine Grenze für die Zulässigkeit sieht das Gericht nur dann erreicht, wenn der Unternehmer grundsätzlich und ohne Prüfung des Einzelfalls den Widerruf verweigere. Das sei eine wettbewerbsrechtlich unzulässige, weil irreführende Maßnahme.

Die Entscheidung ist zu begrüßen. Denn es wäre Unternehmern schlicht nicht zuzumuten, angesichts automatisierter Bestellprozesse eine auf den jeweiligen Einzelfall bezogene individuelle Widerrufsbelehrung zu erteilen. Dies entspricht weder den tatsächlichen Gegebenheiten im eCommerce noch den Intentionen des Gesetzgebers, der den Charakter des Massengeschäfts im Internet durch Vorgabe einer allgemeinen Musterbelehrung ausdrücklich anerkannt hat.

Weitere Beiträge

Nach oben scrollen