Markenrecht: Verbietungsrecht für jüngere nationale Marken

Im Markenrecht gilt der Grundsatz der Priorität. Das heißt: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Gegen weitere verwechslungsfähige Markenanmeldungen kann sich der Inhaber einer älteren Marke schon mit dem Widerspruch wehren. Versäumt er dies, wird die jüngere Marke allerdings eingetragen. Denn die Markenämter prüfen nicht, ob eine Verwechslungsgefahr mit bestehenden älteren Marken besteht. Bislang nicht abschließend geklärt war die Frage, wie sich der Markeninhaber dann gegen die Verwendung der jüngeren Marke wehren kann. Dies hat der EuGH nun nachgeholt (EuGH, Beschluss vom 10.03.2015 – C-491/14).

In dem zugrundeliegenden Rechtsstreit in Spanien stritten zwei Hotels miteinander. Beide verfügten über sehr ähnliche Markeneintragungen beim spanischen Markenamt. Die Inhaberin der älteren Marke hatte es also unterlassen, sich bereits im Wege des Widerspruchs gegen die Eintragung der jüngeren Marke zur Wehr zu setzen.

Nun verlangte sie von der Inhaberin der jüngeren Marke die Unterlassung der Benutzung der Marke. Diese berief sich demgegenüber auf ihr im Register eingetragenes Recht. Ein Verbietungsrecht aus der älteren Marke könne allenfalls dann bestehen, wenn die Inhaberin der älteren Marke zuvor die Löschung der jüngeren Marke erfolgreich betrieben habe. Solange dies nicht geschehen sei, bestehe kein Unterlassungsanspruch.

Die spanischen Gerichte verlangten vom EuGH die Klärung dieser Frage und erhielten darauf eine recht knappe Antwort: Der EuGH ist der Auffassung, dass der Inhaber der älteren Marke keinesfalls zuerst die Löschung der jüngeren Marke betreiben müsse. Die Priorität der älteren Marke gelte auch im Verhältnis zu jüngeren Eintragungen. Der Inhaber der älteren Marke habe deswegen ein unmittelbares Verbietungsrecht gegenüber dem Inhaber der jüngeren Marke. Dass diese jüngere Marke zugunsten ihres Inhabers eingetragen bleibe, sei demgegenüber nicht von Belang.

Die Entscheidung ist nachvollziehbar, handelte es sich bei einem zwingend vorgeschalteten Löschungsantrag an sich doch um eine reine Förmelei. Ob ein Verbietungsrecht von Rechts wegen besteht, ist im Zweifel streitig zu klären. Ob dies im Rahmen eines Löschungsverfahrens oder aber eines Rechtsstreits über die Rechtmäßigkeit der Nutzung des Zeichens geschieht, ist für die Beteiligten letztlich ohne Belang.

Dass die Eintragung der Marke bestehen bleibt, kann sich für den Inhaber der jüngeren Marke sogar als Vorteil erweisen. Denn bleibt diese im Register und kommt es – gleich aus welchen Gründen – dazu, dass die ältere Marke selbst löschungsreif wird (z.B. wegen deren Nichtbenutzung), so kann der Inhaber der jüngeren Marke zu einem späteren Zeitpunkt seinerseits ein Löschungsverfahren gegen die ältere Marke betreiben. Seine Rechte würden dann wieder aufleben. Eine etwaig vorher eingegangene Unterlassungspflicht würde dann gegenstandslos werden, weil dem Unterlassungsgläubiger sein älteres Recht quasi abhanden käme.

Schon aus diesem Grunde sollte im Rahmen der Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung stets der Vorbehalt aufgenommen werden, dass die Vereinbarung unter der auflösenden Bedingung steht, dass die inkriminierte Handlung zu einem späteren Zeitpunkt einmal rechtmäßig wird. Das nämlich ist genau dann der Fall, wenn das ältere Recht einmal erlischt. Um hier zu einer rechtssicheren Formulierung zu gelangen, sollten Abmahnungsempfänger unbedingt anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen.

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