IT-Recht: Migration des Technischer Systeme

I. Ausgangslage

Datenmigration ist der Export / oder Import von Daten/Datenbanken/ Programmen in ein anderes technisches System. Den Terminus „technisches System“ verwende ich, um Software, Hardware oder Kombinationen von beiden zu beschreiben. Die Daten / Datenbanken / Programme sollen in der neuen technischen Umgebung die gleichen Werte und Funktionen aufweisen wie in der alten Umgebung. Die Migration von Programmen, Daten oder Datenbanken ist heute etwas alltägliches, weil praktisch jeder Auftraggeber schon einmal Altsysteme im Einsatz hatte, die ausgetauscht werden sollen.

Die Daten des Altsystems sollen auch in dem neuen technischen System zur Verfügung stehen.

Verpflichtung des Unternehmers, Werk- oder Dienstvertrag

1.) Den Auftragnehmer, der mit der Installation eines neuen technischen Systems beauftragt ist, trifft nicht automatisch die Pflicht, auch die Datenmigration vorzunehmen. Dies ist Sache des Auftraggebers.

2.) Der Auftraggeber wird versuchen, die Migration auf der Basis eines Werkvertrags vornehmen zu lassen. Hier ist größte Vorsicht geboten. Je nach Kompatibilität der einzelnen technischen Systeme sind Migrationen hochgradig komplexe Projekte. Wie an anderer Stelle dargelegt, verwende ich den Terminus Projektvertrag immer dann, wenn bei Abschluß des Vertrags nicht alle Punkte feststehen, die zum Erreichen des endgültigen Ziels erforderlich sind. Die Nachplanung ist erforderlicher Teil eines Projekts. Die Scrum Methodik ist eine schöne Ausprägung einer guten Projektmethodik, weil sie von vorneherein das Fehlen des endgültigen Zieles nicht als Fehler, sondern als Normalzustand ansieht und die langsame und stetige Annäherung an das Ziel durch eine stetige Findung eines immer wieder neu zu findenden Konsenses erreichen will. Den gleichen Weg kann man auch durch eine mehrfache wiederholte Anwendung des V-Models erreichen. Ich habe die beiden Modelle an anderer Stelle miteinander verglichen. Wichtig ist an dieser Stelle nur: Das Werkvertragsrecht, so wie es das BGB vorsieht, ist nicht dazu geeignet, als Basis für komplexe Projekte zu dienen. Im Grunde eignet sich das Werkvertragsrecht als Vertragsbasis nur dann, wenn bei Abschluß des Vertrags Sicherheit über Risiken des Auftrags besteht und keine Nachplanung erforderlich ist.

Wenn ein Auftrag über die eine Migration erteilt wird und eine eindeutige Bestimmung im Vertrag darüber fehlt, ob Werk- oder Dienstvertragsrecht vereinbart ist, wird ein Gericht mit etlicher Wahrscheinlichkeit auf das Vorliegen von Werkvertragsrecht abstellen. Natürlich wird der Auftragnehmer eigentlich nur Supportleistungen vornehmen wollen, die den Auftraggeber bei der Migration unterstützen. Natürlich wird der Auftragnehmer in Kenntnis der Risiken einer Migration

Denn aus der Sicht des Auftraggebers soll mit dem Vertrag über die Migration ein bestimmtes Ziel erreicht werden, namentlich die Funktion bzw. Verwendbarkeit der Daten bzw. der Software in einer anderen technischen Umgebung. Und falls der Auftraggeber juristisch beraten wird, wird er auf jeden Fall Werkvertragsrecht vereinbaren wollen.

II. Risiken und Lösungen

Der Aufbau des Vertrags sollte in jedem Fall den Anforderungen eines Projektvertrags entsprechen. Entweder muß in einer ersten Stufe festgestellt werden, welche Ziele eigentlich erreicht werden sollen und können. Dies wird der Aufbau sein, den die Auftraggeber bevorzugen. Im ersten Schritt eine Planung zu erstellen und im zweiten – separat zu vereinbarenden Vertrag – gegen die Planung zu realisieren. Oder es muß von vorneherein mit einer Methodik gearbeitet werden, die eine ausreichende Nachplanung ermöglicht.

Falls auf der Basis des Werkvertragsrechts gearbeitet werden soll, sind in jedem Fall Pflichten und Mitwirkungspflichten minutiös abzubilden. Insbesondere bei den Mitwirkungsplichten ist dem Auftraggeber klarzumachen, daß ein Projekt eine stetige und kontinuierliche Zusammenarbeit der Parteien voraussetzt. Die Mitwirkungspflichten sind mit den Rechtsfolgen von Hauptleistungspflichten auszugestalten, d.h. daß zu regeln ist, daß anders als im Werkvertragsrecht eine nicht rechtzeitige Erfüllung von Mitwirkungsplichten nicht etwa eine Obliegenheitsverletzung darstellt, sondern auch zu Ansprüchen auf Schadensersatz und Kündigung führt.

Leistungsbeschreibung, Gewährleistung und Schadensersatz

Die Ansprüche auf Gewährleistung und Schadensersatz sind einzugrenzen. Aber nicht durch kunstvolle Konstruktionen der Vertragsbedingungen, sondern in dem in dem Pflichtenheft klargestellt wird, welche Funktionen und Eigenschaften bei der Migration in der neuen technischen Umgebung funktionieren können sollen und für welche Funktionen und Eigenschaften diese Aussage eben nicht getroffen werden kann. Im Grunde bedeutet eine Migration immer, daß man einen technischen Sollzustand, der in einer technischen Umgebung funktionierte, in eine andere technische Umgebung überträgt. Das setzt als ersten Schritt voraus, daß man weiß, wie Sollzustand in der Ursprungsumgebung war. Und schon hier besteht häufig große Unkenntnis. Es ist Sache des Auftraggebers, dem Auftragnehmer eine Dokumentation des Sollzustandes auszuhändigen, Sache des Auftragnehmers eine klare Aussage darüber zu treffen, welche Funktionen und Eigenschaften in der neuen technischen Umgebung abbildbar sind.

Der Ansatzpunkt ist damit die Leistungsbeschreibung des alten technischen Systems. Je besser diese ist, desto besser kann der ITler die Risiken bestimmen, je schwammiger oder unvollständiger diese ist, desto mehr Risiken erwachsen. Und in Abhängigkeit dazu sollte der ITler dem Abschluß eines Werkvertrags erst dann zustimmen, wenn er die Dokumentation über den alten Sollzustand analysiert und verstanden hat. Tut er das nicht und schließt ohne eine solche Analyse den Vertrag ab, schließt er einen Werkvertrag mit denselben Risiken eines normalen Projektvertrags. Der Auftraggeber kann hier zu Recht verlangen, daß der Auftragnehmer den Auftraggeber umfassend berät und ihm die erforderlichen Voraussetzungen für das Gelingen eines Projektes darlegt. Unterlässt der Auftragnehmer diesen Schritt, haftet er nach dem Werkvertragsrecht für die Imponderabilien, die aus der Sphäre des Auftraggebers stammen.

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