IT- Recht Softwarepflegevertrag und Supportvertrag : Aufbau und Inhalt Teil 2:

Im 1. Teil dieser Serie habe ich die unterschiedlichen Kategorien aufgeführt, anhand derer die Leistungsinhalte von Softwarepflegeverträgen unterschieden werden können. Im zweiten Teil komme ich nun zu den typischen Leistungsinhalten eines Software-Pflegevertrags, der Fehlerbeseitigung und den damit verbundenen Problemen.

III.) Softwarepflegeverträge beinhalten normalerweise vier „Leistungspakete“.

  • Es gibt einen Teil, der sich mit der Behebung technischer Fehler innerhalb bestimmter Zeiten befasst.
  • Es gibt einen Teil, durch den die Kompatibilität der bestehenden Software zu einer sich ändernden Systemumgebung hergestellt wird.
  • Es gibt einen Teil, durch den die bestehende Software verbessert wird, also neue Funktionen hinzugefügt werden oder die Eigenschaften der bestehenden Software verbessert werden.
  • Es gibt einen Teil, der sich mit der telefonischen Beratung befasst. Diese Hotline hat in den ersten Jahren nach der Einführung der Software zumeist die Funktion, die Anwender über die Funktionsweise der Software aufzuklären. In späteren Jahren geht es mehrheitlich um Probleme, die auch mittels telefonischer Beratung behoben werden können.

1.) Fehlerbehebung innerhalb bestimmter Zeitspannen:

  1. Unterscheidung zwischen Gewährleistung und Fehlerbehebung.

Darf man überhaupt für die Fehlerbehebung Geld verlangen?

Antwort: Ja.

Der Begriff Gewährleistung ist ein juristischer Fachbegriff. Er besagt, dass die verkaufte/vermietete/erstellte Sache vereinbarungsgemäß funktionieren muss und keine Mängel aufweisen darf, die ihre Funktionsfähigkeit nach dem vorausgesetzten Vertragszweck beeinträchtigen und die Eigenschaften aufweist, die man typischerweise von Produkten gleicher Art und Güte erwarten kann. Der Begriff der Gewährleistung unterscheidet sich von dem Begriff des technischen Fehlers dadurch, dass die Gewährleistung ein „Vertretenmüssen“ des Verkäufers/Vermieters/Erstellers voraussetzt. Dieser muss den technischen Fehler zumindest fahrlässig verursacht haben. Die Einstandspflicht des Verkäufers oder Erstellers richtet sich aber danach, ob der Mangel schon zum Zeitpunkt des Gefahrenübergangs (Kauf) oder der Abnahme (Werkvertrag) vorhanden ist. Eine Änderung der Systemumgebung beim Kunden und dadurch auftretende technische Fehler, die durch Inkompatibilitäten der vertragsgegenständlichen Software mit der Systemumgebung verursacht werden, liegen außerhalb des Verantwortungsbereiches des Softwareherstellers bzw. Lieferanten. Das Mietrecht spielt eine Sonderrolle, auf die wir später eingehen. Da schnell aufeinanderfolgende Änderungen der Systemumgebung derzeit den Normalzustand darstellen, stellt sich aus der Sichtweise des Kunden immer die Frage, ob der Softwarelieferant bzw. Ersteller den technischen Fehler zu vertreten hat – dann handelt es sich um einen Mangel, den der IT-ler kostenlos im Rahmen der Nachbesserung beseitigen muss – oder ob der Fehler außerhalb des Verantwortungsbereiches des IT-lers das liegt.

Eine Konsequenz aus dieser Unterscheidung ist die juristische Diskussion darüber gewesen, ob Softwarepflegeverträge innerhalb der ersten zwölf oder 24 Monate nach der Auslieferung bzw. Erstellung der Software überhaupt kostenpflichtig sein dürfen. Das ist nach meiner Auffassung ein Scheinproblem gewesen, denn in zumindest 70 % aller Fälle werden technische Fehler  durch Inkompatibilitäten verursacht, die erst nach der Abnahme bzw. dem Gefahrenübergang auftreten. Ein Beispiel: Wenn Sie ein Dieselauto kaufen, dann muss es die Schadstoffklasse 4 erfüllen. Falls der Gesetzgeber in zwei Jahren beschließt, dass eine neue Schadstoffklasse sieben einzuhalten ist, wenn man mit dem Auto in die Innenstadt fahren will, haben Sie keinen Anspruch darauf, dass der Hersteller des Autos eine kostenlose Nachrüstung durchführt. Hat aber der Verkäufer mit Ihnen einen Wartungsvertrag abgeschlossen, nach dessen Inhalt er sich verpflichtet die jeweils aktuellen Schadstoffklassen einzuhalten, so haben Sie einen Anspruch auf Nachrüstung des Autos. Nur nicht als Nachbesserungsanspruch aus dem Kaufvertrag, sondern als Erfüllungsanspruch aus dem Wartungsvertrag.

Natürlich würden in der Praxis viele Fälle der Fehlerbehebung auch mit unter die Gewährleistung fallen. Nur werden diese Ansprüche in der Praxis kaum jemals realisiert. Die Kunden verzichten schlicht darauf, den IT-ler Nachweise darüber führen zu lassen, dass die behobenen Fehler nicht etwa auf Mängeln, sondern auf von ihm nicht zu vertretenden technischen Fehlern beruhen. Denn diese Nachweise würden ihrerseits wieder viel Geld kosten. Das sicherlich juristisch unfassbar spannende Problem erweist sich damit in der Praxis als ein Problem von geringer Relevanz.

b.) Werkvertrag oder Dienstvertrag

Hier muss wirklich aufgepasst werden. Der BGH hat in den Entscheidungen Internetsystemvertrag 1-3 und in der Entscheidung Winterräumdienst erkannt, dass Verträge, „die auf die Erreichung eines Zieles gerichtet“ sind, typischerweise als Werkverträge zu qualifizieren sind. Auch Werkverträge, so der BGH könnten als Dauerschuldverhältnisse ausgestaltet werden. Sei aus der Sichtweise des Kunden das von dem Anbieter geschuldete Ziel die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit eines technischen Systems, so handele es sich prima facie um einen Werkvertrag.

c.) Probleme, wenn man sich für den Weg des Werkvertrags entscheidet:

aa.) Jahrelange Pflicht zur Erstellung kompatibler Software bei unsicherer Zukunft.

Da die Entscheider von IT-Unternehmen häufig genug vom Vertrieb gelenkt sind, sind Werkverträge in der Praxis häufiger anzutreffen als Dienstverträge. Falls man sich für einen Werkvertrag entscheidet, muss man damit leben, dass die Verpflichtung zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des technischen Systems oder der Software mit Risiken verbunden ist. Diese Risiken bestehen insbesondere darin, dass der IT-ler zum Zeitpunkt des Abschlusses des Software- Pflegevertrags kaum überblicken kann, ob er zum Beispiel in einem Zeitraum von 2 – 5 Jahren nach Abschluss des Vertrages noch technisch in der Lage sein wird, jegliche Änderung der Systemumgebung für das vereinbarte Honorar zu realisieren. Insbesondere bei Verträgen mit längeren Kündigungsfristen muss darüber nachgedacht werden, ob der IT-ler sich nicht in dem Vertrag eine Exitregelung vorbehält. Solche Exitregelungen Besagen inhaltlich typischerweise, dass der IT-ler einen Anspruch auf Anpassung des Vertrages hat, wenn er nachweisen kann, dass sich bestimmte aufwandsbezogene Kosten erhöht haben, und dass dann, wenn die Verhandlungen über eine Anpassung erfolglos verlaufen sind, dem IT-ler die Möglichkeit einer vorzeitigen Kündigung des Software-Pflegevertrages zusteht. Baut man solche Klauseln nicht in den Vertrag ein, bleibt man dem Kunden gegenüber verpflichtet, Leistung zu erbringen, die man vielleicht technisch nicht oder jedenfalls nicht mehr kostendeckend zur Verfügung stellen kann.

bb.) Das zweite Problem des Werkvertragsrechts sind die Fristen. Das Werkvertragsrechts sagt nicht nur, dass ein bestimmtes Werk zu erstellen ist / also Software zu erstellen ist, die die abzusehenden Kompatibilitätsschwierigkeiten beseitigt, sondern das Werk ist auch innerhalb der vereinbarten Fristen zur Verfügung zu stellen. Etwas Bestimmtes muss zu einem bestimmten Zeitpunkt vorhanden sein und auch funktionieren.

Kaum ein IT- Unternehmen regelt das Thema Releaseplanung mit dem Kunden in seinen Verträgen. Mein Tipp für Sie lautet:-unbedingt darauf zu achten, dass Ihre Releaseplanung mit der Planung des Kunden abgestimmt werden muss! Und zwar dergestalt, dass der Kunde erst dann bestimmte Änderung der Systemumgebung durchführen kann/ durchführt, wenn Sie wissen, ob Sie überhaupt kompatible Releases zur Verfügung stellen können und bejahend, innerhalb welcher Fristen dies der Fall sein wird.

Das hört sich vielleicht alarmistisch an – und ist auch so gemeint: Nach meiner Erfahrung bestehen die größten Gefahren für die IT-ler im Scheitern bei Softwareprojekten. Aber das zweitgrößte Risiko besteht bestimmt darin, dass der Kunde der Ansicht ist, ihm würden trotz des Bestehens eines Software-Pflegevertrags bestimmte Softwaremodule oder Softwarefunktionen nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt.

 

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