IT-Vergabe: Keine nachträglichen Ergänzungen der Zuschlagskriterien

Gerade auch im IT-Bereich tun sich Vergabestellen häufig schwer damit, die Eignungs- und Zuschlagskriterien für das angestrebte Vergabeverfahren abschließend zu formulieren. Zu fremd sind vielfach die Anforderungen, zu ungenau die Vorstellungen der eigenen Prozesse und Bedarfe. Das rechtfertigt es aber nicht, nachträglich Kriterien aufzustellen, die in den Vergabeunterlagen keine Rolle spielten (VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29.09.2015 – 3 VK LSA 65/15).

Darum ging’s: Ein Kreis wollte Leistungen für den IT-Support und Wartungstätigkeiten in mehreren seiner Schulen ausschreiben. Bieter sollten diverse Eignungsnachweise erbringen und außerdem einen Ansprechpartner benennen, der wochentags innerhalb bestimmter Zeitfenster erreichbar sein sollte.

Auf diese Ausschreibung hin bewarb sich ein Bieter als Einzelperson. Die geforderten Referenzen konnte er vorlegen und erreichte danach im Rahmen der Angebotswertung die höchste Punktzahl aller Bieter. Erst zu diesem Zeitpunkt kamen dem zuständigen Ausschuss des Kreistags Zweifel, ob und wie eine Einzelperson bei zeitgleichen Störungen an mehreren Standorten innerhalb der geforderten Reaktionszeiten die geschuldeten Leistungen erbringen könnte. Der Fachdienst der Vergabestelle hält das zwar deswegen für unproblematisch, weil die ausgeschriebenen Leistungen ohnehin nur ergänzend zu den eigenen Leistungen des Fachdienstes herangezogen werden sollen.

Gleichwohl wir das Angebot des Bieters wegen des fehlenden Nachweises, wie parallele Leistungen erbracht werden könnten ohne einen Vertreter zu benennen, von dem Vergabeverfahren ausgeschlossen.

So geht es nicht, stellt die Vergabekammer Sachsen-Anhalt fest. Die Vergabestelle könne nicht nachträglich im Wege interner Abstimmungen neue Kriterien aufstellen, die in der Bekanntmachung bzw. in den später zur Verfügung gestellten Vergabeunterlagen keine Rolle gespielt hätten. Ohne eine konkrete Anforderung in den vorab bekannt gemachten Unterlagen müssten Bieter auch keine entsprechenden Nachweise führen.

Natürlich eine richtige Entscheidung, die einmal mehr belegt, wie sehr öffentliche Auftraggeber auf eine kompetente Beratung im Rahmen der Erstellung der Vergabeunterlagen setzen sollten, um Unzulänglichkeiten der Leistungsbeschreibung von Vornherein zu vermeiden. Denn in der Sache dürften die nachträglichen Bedenken des Kreises nicht ganz von der Hand zu weisen sein. Allerdings wäre der Kreis hier eben darauf verwiesen gewesen, das Vergabeverfahren (teilweise) aufzuheben und insoweit neu auszuschreiben – ein Weg, der maximal die zweitbeste Lösung gegenüber einer umfassend vorbereiteten Vergabe sein kann, schon wegen des ganz erheblichen Aufwands.

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