Kooperation über die Erstellung von Software: Schriftform erforderlich

Rechtsprechung

OLG Frankfurt: Kooperationen über die Erstellung von Software, künftige Werke, Bewerbung von Software als urheberrechtliche Nutzungshandlung, 11.8.2015

Diese Entscheidung ist deswegen spannend, weil im Kern der Argumentation eine Regelung aus dem Kunsturheberrecht steht, die im Bereich der Softwareprogrammierung nur selten eine Rolle spielt, der § 40 Abs.1 Urhebergesetz. Dieser besagt, dass Vereinbarungen über die Übertragung an Nutzungsrechten von zukünftigen Werken der Schriftform bedürfen. Solche Vereinbarungen werden insbesondere im Rahmen von Kooperation – und darum ging es in der Entscheidung des OLG Frankfurt – häufig getroffen. Die Parteien wissen noch nicht genau, welche Funktionen und Eigenschaften die Software genau haben soll, vereinbaren aber, dass beide Seiten bestimmte Aufgaben für die Erstellung der Software übernehmen sollen. Solche Vertragskonstruktionen können darin bestehen, dass beide Seiten Teile der Software entwickeln oder dass eine Seite die Software entwickelt und die andere Seite die Finanzierung und Vermarktung übernimmt. Der § 40 Urhebergesetz besagt nun zum Schutz des Urhebers (!), dass solche Vereinbarungen in Schriftform erfolgen müssen. Schriftform bedeutet Unterschrift unter ein Dokument und nicht E-Mail. Nur dann, wenn die Funktionen und Eigenschaften der Software genau beschrieben sind (also praktisch nie), können solche Verträge auch ohne Wahrung der Schriftform abgeschlossen werden.

Der zweite Aspekt der Entscheidung mag nur für Anwälte interessant sein: in den Seminaren habe ich regelmäßig angegeben, dass die reine Nutzung von Software für das Urheberrecht ohne Belang ist. Nutzen im Sinne einer Verwendung, eines Gebrauchen, kennt das Urheberrecht nicht. Das Urheberrecht stellt bestimmte Nutzungshandlung unter einen Zustimmungsvorbehalt des Berechtigten. Und die große Frage ist immer, wann eine solche Nutzungshandlung vorliegt. Die Entscheidung des OLG Frankfurt ist deswegen interessant, weil sie angibt, dass schon die Bewerbung einer Software über das Internet eine urheberrechtlich relevante Nutzungshandlung ist, also nur mit der Zustimmung des Berechtigten stattfinden darf. Man muss nicht nachweisen, dass tatsächlich die Software verkauft oder vermietet wurde. Es reicht aus, dass die Software beworben wird. Das ist insofern bemerkenswert, als dass das Verbreitungsrecht im Sinne des § 17 Abs. 2 Urhebergesetz auf die körperliche Verbreitung von Werkstücken gerichtet ist, etwas was im Normalfall kaum mehr geschieht. Denn der Verkauf von CDs oder DVDs spielt bei der Softwareindustrie nur eine untergeordnete Rolle. Davon wollte das Gericht aber offensichtlich ebenso wenig wissen, wie davon, dass nicht der Sourcecode – und nur der ist Gegenstand des Urheberrechts an der Software – sondern die Funktionen und Eigenschaften der Software beworben wird. In einer denkbar weiten Auslegung des § 17 Abs. 2 Urhebergesetz unter dem Aspekt des Art. 6 der WCT (WIPO Copyright Treaty) hat das Gericht entschieden, dass selbst die Bewerbung einer Software unter Gewährung eines Testzuganges einen urheberrechtlich relevanten Vorgang darstellt, mit dem Ergebnis, dass die Gegenseite erfolgreich Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz geltend machen konnte.

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