Das neue Recht für digitale Produkte, Teil 3 Ansprüche

Nach den ersten zwei Teilen stelle ich nun die Rechtsbehelfe für die Verbraucher vor. Bitte beachten: Die Rechtsbehelfe, die die Verbraucher ausüben können sind auch relevant für die Unternehmen, die in der Lieferkette arbeiten, die von dem Hersteller /Importeur bis zum Verbraucher besteht.

Rechtsbehelfe

Es gilt der Vorrang der Nacherfüllung, wobei der Unternehmer das Recht hat darüber zu bestimmen, ob er das ausgelieferte Produkt verbessert oder austauscht. Der Kunde darf nur dann direkt Ansprüche auf Vertragsbeendigung, Minderung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung geltend machen, wenn die Nachbesserung wegen Unmöglichkeit ausgeschlossen ist, nicht erfüllt wurde und der Mangel so schwerwiegend ist, dass eine sofortige Beendigung des Vertrags gerechtfertigt ist.

Nachbesserung bedeutet die Herstellung des vertraglich geschuldeten Zustands. Immer wieder muss ich darauf hinweisen: Das Pflichtenprogramm aus der Lieferung von digitalen Produkten beinhaltet eben nicht nur die Punkte, die dem Kunden aktiv versprochen wurden, sondern eben auch die Punkte, deren Vorhandensein der Kunde nach dem Gesetzestext objektiv erwarten konnte. Deshalb ist es so wichtig, in der Beschreibung der Leistungen des Produkts präzise zu sein und auch eine Liste mit Punkten aufzuführen, die der Kunde eben nicht erwarten kann.

Nachbesserungsfrist: Diese muss jetzt angemessen sein, insofern hat sich nichts Substantielles zum § 440 BGB geändert, wo es bisher hieß, dass die Frist dem Kunden zumutbar sein muss. Weil das Gesetz nichts Konkretes sagt, sollte man mit SLAs arbeiten.

Vertragsbeendigung, § 327m BGB

Der Begriff der Vertragsbeendigung im § 327m BGB umfasst sowohl den Rücktritt als auch die Kündigung, je nachdem ob ein Kauf-, Werkvertrag oder Dauerschuldverhältnis vorliegt. Im neuen § 327o BGB heißt es dann, dass der Vergütungsanspruch nur für den Teil „des Bereitstellungszeitraums [erlischt], in dem das digitale Produkt mangelhaft war.“ Wie immer man das bei einem Kaufpreis von 200 Euro für ein Handy jetzt umrechnen will. Vermutlich wird die Rechtsprechung den Zeitraum, in denen das Gerät verwendet wurde analog zur Miete bepreisen.

Minderung, § 327n BGB

Proportional zur Schwere des Mangels darf die Vergütung reduziert werden. Die Erstattung des Minderungsbetrags hat binnen zwei Wochen zu erfolgen.

Schadensersatz, § 327m BGB

a.) Der Schadensersatz statt der Leistung setzt keine erfolglose Fristsetzung mit Mangelandrohung mehr voraus. Das folgt daraus, dass nur die §§ 281 Abs. 3 und 4 anwendbar sind, siehe § 327m Abs.  3. Auch das ist keine wesentliche Neuerung.

b.) Unwesentliche Mängel dürfen nicht zur Begründung von Schadensersatzansprüchen statt der Leistung geltend gemacht werden, dafür gibt es ja die Minderung. Das ist aber nichts Neues.

c.) Die Geltendmachung des Schadensersatzes statt der Leistung schließt natürlich die Geltendmachung anderer Rechtsbehelfe aus, die die Erbringung der Leistung bezwecken.  Die Rückabwicklung erfolgt über §§ 327o BGB und 327p BGB anstelle über § 281 BGB.

Verjährung, § 327j BGB

Die Verjährungsfrist beträgt 2 Jahre. Liegt ein Fall dauerhafter Bereitstellung vor, so tritt die Verjährung frühestens 12 Monate nach der Beendigung dieses Zeitraums ein. Auch Ansprüche aus der Verletzung einer Aktualisierungsverpflichtung verjähren maximal 12 Monate nach Ablauf der Aktualisierungspflicht. Eine Anzeige eines Mangels löst eine Hemmung der Verjährung um mindestens 4 Monate aus.

Beweislastumkehr, § 327k BGB

Die bislang nur in § 377 BGB geregelte Beweislastumkehr gilt nun für den zeitlichen Bereich von 12 Monaten nach der ersten Überlassung. Zeigt ein Produkt Sach- oder Rechtsmängel, so wird widerleglich vermutet, dass das Produkt mangelhaft war.

Die Beweislastumkehr greift aber nicht, wenn die „digitale Umgebung“ (ich nenne das in meinen Verträgen „Systemumgebung“) mit den technischen Anforderungen des Produkts nicht kompatibel war und der Verbraucher über diese Anforderungen klar und deutlich bei Abschluss des Vertrags informiert wurde, § 327 Abs. 4 Nr. 1 BGB.

 

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