Markenbewertungen im Zuge der Bilanzierung

Frisieren, bis der Finanzexekutor kommt

In Internationalen Übernahmeschlachten als Teil des „Good-Will“ (Mergers & Acquisition, Abschreibung auf Marken) bekannt, stellen die Marken einen bedeutenden Anteil der Wertschöpfung eines Unternehmens dar.  Während im IFRS immer wieder kontrovers diskutiert ist im HGB die Bilanzierung von erworbenen bzw. Fremdmarken möglich. Selbst geschaffene Marken dürfen nicht aktiviert werden.

Im Jahr 2009 wurde durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) das Aktivierungsverbot für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände im HGB aufgehoben. Das betrifft allerdings nur Aufwendungen für die Entwicklung eines Produkts oder einer genutzten Technologie.

Was ist ein vernünftiger Wert für eine Marke bzw. wie kann ich herausfinden, ob der Preis für den Erwerb einer Marke oder die Höhe einer Lizenzvereinbarung angemessen sind. Auf welche Faktoren muss ich achten, wenn ich Marken in die Bilanz übernehmen möchte.

Zulässigkeit der Aktivierung einer Marke

Nach den gängigen Bilanzierungsvorschriften wie HGB, IAS/IFRS und Steuerrecht ist die Aktivierung einer Marke nur bei Erwerb von Dritten zulässig. Dabei ist ein Einzelerwerb einer Marke und der Erwerb im Rahmen einer Akquise zu unterscheiden. Die einzelne Marke ist im Jahresabschluss des Erwerbers nach den gängigen Bilanzvorschriften anzusetzen. Sollte die die Marke im Share Deal Bestandteil des akquirierten Unternehmens sein, ist für den Konzernabschluss der betreffenden Unternehmensgruppe der Kaufpreis in Folge mit einer Kaufpreisallokation auf das erworbene Nettovermögen zu verteilen. Die so aufzudeckenden stillen Reserven (inkl. der Marke) werden dann mit dem beizulegenden Zeitwert aktiviert. Entsprechendes gilt im Falle eines Asset Deal für die Bilanzierung im Jahresabschluss des Erwerbers.

Ermittlung des Zeitwerts

Für die Bilanzierung einer erworbenen Marke ist die verlässliche Messung ihres beizulegenden Zeitwerts von entscheidender Bedeutung. Die Grundsätze zur Bewertung von Marken sind in einschlägigen Standards wie z.B. ISO 10668:2010 festgehalten.

Die Markenbewertung einer Einzelmarke erfolgt in der Regel auf Grundlage von ISO 10668:2010. Eine einseitige Bewertung wäre nicht ratsam und würde ggf. gegen Sorgfaltspflichten und Vorsichtsprinzip verstoßen. Deshalb sollte der Fokus grundsätzlich auf kapitalwertorientierte und kostenorientierte Verfahren gelegt werden. Der gängigen Wertermittlung liegen die Preispremium-Methode, die Mengenpremium- und die Fair-Value-Methode (Wiederbeschaffungskosten) zugrunde. Der durchschnittliche Markenwert aller drei Bewertungsmethoden zeigt die Konsistenz der gewählten Verfahren.

Kapitalwertorientierte Verfahren

Bei der Preispremium-Methode nach ISO 10668:2010 Abschnitt 5.2.2.2 ergibt sich der Wert der Marke auf Basis des Preis Premiums, dass die Marke erzielt. Hierfür sollte der Preis für Waren oder Dienstleistungen einer Marke mit dem Preis eines generischen Produktes verglichen werden. Bei der Bewertung der einzelnen Marke ergibt sich der generische Preis aus dem 10%-Quantil der Preise vergleichbarer Dienstleistungen, d.h. das Preis Premium der Marke ergibt sich durch einen Vergleich mit Firmen/Marken geringerer Markenstärke (siehe ISO 10668:2010 Abschnitt 5.2.2.2). Einen alternativen Ansatz stellt die Berechnung des Preis Premiums aufgrund des vor Erstellung der Marke verlangten Preises dar. Diese Berechnung berücksichtigt allerdings, dass diese Preissteigerungen auch anderen Ursachen zugrunde liegen können (Marktanpassungen, Angebotsänderungen etc.).

Bei der Mengenpremium-Methode nach ISO 10668:2010 Abschnitt 5.2.2.3 ergibt sich der Wert der Marke auf Basis des Mengen Premiums, dass die Marke erzielt. Um zu berücksichtigen, dass ein spezifischer Marktanteil auch durch andere Faktoren erklärt werden kann, erfolgte die Markenbewertung hier durch Betrachtung zweier unterschiedlicher Grundmengen (zweier Basisjahre z.B.  2016 und 2017). Da, wie auch in obiger Argumentation, die Mengensteigerung von 2016 bis 2017 auch neben dem Markenwert anderen Faktoren zugrunde liegen kann, wurde auch 2016 als Basisjahr in Betracht gezogen. Dies gewährleistet eine faire und nachvollziehbare Bewertung des Markenwertes auf Basis der Mengenpremium-Methode.

Kostenorientierte Verfahren

Die Bewertung der Marke nach der Fair-Value-Methode, bzw. auf Basis von Reproduktionskosten (ISO 10668:2010 Abschnitt 5.4.1) repräsentiert die zum Bewertungsstichtag angefallenen Kosten zur Reproduktion einer ähnlichen Marke. Diese Kosten umfassen etwaige Werbungskosten, sowie Kosten für Aus- und Weiterbildung. Aus- und Weiterbildungskosten können berücksichtigt werden, wenn es sich bei dem der Marke zugrunde liegenden Produkt um eine Dienstleistung handelt. Der Wert orientiert sich an der Expertise des ausführenden Beraters.  Das bedeutet zudem, dass sich die Wahrnehmung der Marke mit dem Stand der Beraterexpertise verändert (siehe ISO 10668:2010 Abschnitt 5.4.1). Hierbei wurde das kostenorientierte Verfahren eingesetzt, um die Konsistenz und die Plausibilität der Werte zu überprüfen, die durch die kapitelwertorientierten Verfahren ermittelt wurden.

Die generelle Kritik, dass kostenorientierte Verfahren nur Vergangenheitswerte einbeziehen und daher kein geeignetes Verfahren darstellt, wurde bereits von Frau Dr. Anke Nestler in ihren „Anmerkungen zum Entwurf eines IDW Standards: Grundsätze zur Bewertung immaterieller Vermögenswerte (IDW ES 5)“ widersprochen. Wir folgen ihrer Argumentation und gehen davon aus, dass eine Bewertung auf Basis von Reproduktionskosten einen hilfreichen Ansatz darstellt.

Ein ausschließlich auf entstandenen Kosten orientiertes Verfahren schließen wir (siehe Einleitung) aus unserer Bewertung aus. Denn es ist davon auszugehen, dass die markenspezifischen historischen Kosten (Werbungskosten) nicht den heutigen Markenwert repräsentieren können.

Ableitung einer angemessenen Nutzungsdauer

Für die Marke kann eine konkrete Nutzungsdauer bestimmt werden. Diese ist laut HGB und IAS/IFRS für die Bestimmung der Abschreibungsdauer von Bedeutung. Das ist häufig bei Produktmarken mit einem begrenzten Produktlebenszyklus der Fall. Unternehmensmarken unterliegen ebenfalls einer Nutzungsdauer. Verschiedene Studien zeigen, dass recht schnell eine Wirkung des Vergessens eintritt. Den Nachweis dafür liefern einst weltbekannte und mittlerweile in Vergessen geratene Marken wie DEA, Plus und Mannesmann.

Die unbestimmte Nutzungsdauer einer Marke kann ggf. nur durch Erhaltungsaufwendungen, z.B. durch regelmäßige Werbung, erreicht werden. Dann ist die Marke – im Unterschied zu IFRS – nach HGB zwingend planmäßig abzuschreiben.

Der Deutsche Rechnungslegungsstandard (DRS) 24 „Immaterielle Vermögensgegenstände im Konzernabschluss” muss die Abschreibungsmethode den Verlauf spiegeln, in dem der wirtschaftliche Wert des immateriellen Vermögensgegenstands für das Unternehmen abnimmt. Sollte der Verlauf des Werteverzehrs nicht verlässlich bestimmbar sein, ist linear abzuschreiben. Die Obergrenze der Nutzungsdauer für Unternehmensmarken orientiert sich in der Praxis häufig an der steuerlichen Abschreibungsdauer für den Geschäfts- oder Firmenwert von 15 Jahren. Eine kürzere Abschreibungsdauer kann die Schutzdauer der Registrierung im Markenregister DPMA sein. Dort sind i.d.R. 10 Jahre angesetzt,.

Zusammenfassung

Eigenmarken, die nicht aktivierbar sind, haben zumindest den Vorteil, dass die damit verbundenen Betriebsausgaben sich direkt steuermindernd bemerkbar machen. Eine weitere Möglichkeit kann die Aktivierung von Lizenzrechten sein. Bei der Aktivierung erworbener Marken bestehen gewisse Spielräume, insbesondere bei der Auswahl der Bewertungsmethoden und der Ermittlung der angemessenen Nutzungsdauer.

Selbstverständlich ist die Bewertung stark vereinfacht dargestellt. In der Praxis muss nach Wort-/Bildmarke, Dachmarken oder Unternehmensmarken unterschieden werden. Die Markenhierarchie kann einen signifikanten Faktor in der Markenbewertung darstellen. Nutzen Sie alle sich bietenden bilanziellen Möglichkeiten – aber mit Obacht. Der Erstansatz legt den Weg für die Folgebilanzierung fest.

Dr. Gerd Grimberger, 15. Mai 2021

Rechtsinformatiker
Transaction Lawyer

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