Betreuungsbonus nach Vollendung des dritten Lebensjahres eines zu betreuenden Kindes?

Was wurde vor der Unterhaltsreform um den Betreuungsbonus gestritten: Frauen, die minderjährige Kinder betreuten und zusätzlich mehr arbeiteten, als sie nach dem damaligen Altersphasenmodell gemußt hätten, wurden nur ein Teile ihrer Einkünfte bei der Unterhaltsberechnung angerechnet. Ein Teil der Einkünfte, eben jener Betreuungsbonus, blieb anrechnungsfrei außen vor.

Das gab regelmäßig Streit, weil die Männer dies nicht nachvollziehen konnten; denn die Frauen zeigten doch, dass Betreuung und Erwerbstätigkeit durchaus miteinander vereinbar waren. Gerade Unternehmer und Selbständige, also Personengruppen, die ohnehin viel arbeiten (müssen), vermochten dies kaum nachzuvollziehen. Die Gerichte aber sprachen den Betreuungsbonus regelmäßig mit der Begründung zu, Arbeit plus Alleinerziehung sei eben eine Mehrbelastung, die einen solchen Bonus als Ausgleich rechtfertige.

Und nun scheint alles anders! Die Unterhaltsreform, die sich langsam auch bei den Gerichten ihren Weg bahnt, hat nun genau diese alte Argumentation der Männer bestätigt, also eine 180 Grad Kehrtwende vollzogen. So hat jüngst das OLG Düsseldorf, immerhin ein Oberlandesgericht, dessen Rechtsprechung sich in Familiensachen stets besonderer Beachtung erfreut, genau das entschieden. Die tatsächliche Ausübung einer Berufstätigkeit neben der Betreuung eines Kindes nach Vollendung des dritten Lebensjahres, indiziert die Vereinbarkeit der Tätigkeit mit den Belangen des Kindes. Der Abzug eines Betreuungsbonus oder eine Teilanrechnung der tatsächlich erzielten Einkünfte kommt deshalb im Regelfall nicht in Betracht.

Aber genau diese Argumentation wurde zuvor jahrelang als falsch eingestuft, obwohl der Vorrang oder Grundsatz der nachehelichen Eigenverantwortung beim Unterhalt keine Erfindung der Unterhaltsreform ist. Denn den gab es schon davor, nur hatte ihn die Rechtssprechung von der Regel zur Ausnahme deklassiert.

Mit Genugtuung dürften daher all jene die vorgenannte Entscheidung aufgenommen haben, die den Betreuungsbonus schon immer für verfehlt gehalten haben. Die Entscheidung zeigt allerdings auch, dass die Rechtsprechung bisweilen deutliche Impulse von außen braucht, wie hier die Unterhaltsreform vom 1.1.2008, um ihre eigene Spruchpraxis kritisch daraufhin zu überprüfen, ob sie den sich stetig verändernden gesellschaftlichen Verhältnissen noch gerecht wird.

Für die Unterhaltsschuldner, meist die Männer ein positives Signal und aus meiner Sicht ein längst überfälliges. Und noch ein Wort zur Mehrbelastung durch Arbeit und Kindesbetreuung: Vielleicht sollten die Frauen und Gerichte in diesem Zusammenhang einmal die Angebote vieler unterhaltszahlenden Väter, sich verstärkt an der Kindesbetreuung zu beteiligen, wohlwollender prüfen und berücksichtigen. Denn auch das war für mich nie ganz verständlich. Das Angebote der Väter, sich hier verstärkt in der Kindebetreuung zu engagieren und die Mütter zu entlasten, regelmäßig abgelehnt wurden, und es für die Mütter dann auch noch einen Betreuungsbonus gab. Hier besteht noch allseits großer Bedarf, die Rechtswirklichkeit an die veränderte Lebenswirklichkeit mit sich stetig veränderten Anforderungen an Arbeit, Schule und Kindesbetreuung anzupassen.

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