1.3 Grundlegendes zur Auslegung
OSS-Lizenzbestimmungen sind juristische Texte, wir sprechen von AGB. Wie alle AGB sind sie auslegungsbedürftig. In praktisch allen OSS-Texten fehlt eine klare technische Beschreibung der Handlung, die einen CopyLeft-Effekt bedingt. Man sollte sich immer auf den Websites der betreffenden Hersteller umschauen, ob Auslegungshinweise bestehen und diese bei der Auslegung berücksichtigen.
Aber es wird noch schwieriger: Die meisten Lizenztexte sind in englischer Sprache verfasst, die meisten Unternehmen die OSS herstellen, haben ihren Sitz nicht in Deutschland. Ich habe schon an anderen Stellen dargelegt, dass der Terminus „internationales Privatrecht“ irreführend ist. Das Internationale Privatrecht (IPR) gibt an, welches nationale Recht zur Anwendung kommt, wenn man es als Jurist mit einem Sachverhalt zu tun hat, der die Landesgrenzen überschreitet. In Deutschland richtet das sich nationale Recht nach dem Schutzlandprinzip. Es gilt das nationale Recht der Nation, in der der Inhaber der Nutzungsrechte das Gericht um Schutz ersucht. Hat man es also mit einem Kunden mit Sitz in Deutschland zu tun, kommt Deutsches Recht zur Anwendung. Hat man es aber mit einem Fall zu tun, in dem der Kunde in Kalifornien sitzt, sieht die Sache anders aus. Das Schutzlandprinzip ist übrigens nicht dispositiv, man kann also nicht einfach unter den Lizenztext schreiben: „Es gilt das Recht des Staates Kalifornien„. Das wäre vor einem Deutschen Gericht nicht erheblich, es wäre weiterhin bei der Auslegung der Lizenztexte Deutsches Recht zu berücksichtigen.