Projektvertrag: Abschlagszahlung oder zeitabschnittsweise Teilzahlung? OLG Frankfurt

Das OLG Frankfurt (Urteil vom 19.12.2024, Az. 10 U 201/22) hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob im streitgegenständlichen IT-Projekt Abschlagszahlungen oder zeitabschnittsweise Teilzahlungen geschuldet waren.

Relevant ist das für die Frage, ob der Auftraggeber seine Zahlungen zurückverlangen kann, wenn seiner Meinung nach eine Schlechtleistung vorliegt  und er das Werk nicht abgenommen hat.

Geklagt hat ein IT-Dienstleister auf Zahlung seiner Vergütung.

In diesem aktuellen Fall aus der IT-Branche streiten sich die Parteien in zweiter Instanz vor dem OLG Frankfurt um Rückzahlungsansprüche im Zusammenhang mit Software-Leistungen. Die Klägerin, ein IT-Dienstleister mit Schwerpunkt auf Projektmanagement und Software-Entwicklung, hatte mit der Beklagten, einem Personalvermittlungsunternehmen für IT-Fachkräfte, im Jahr 2019 einen „Subunternehmervertrag“ geschlossen.

  1. Der Hintergrund

Die Beklagte war von einer IT-Beratungsfirma mit der Suche nach einem IT-Experten für zwei Projekte bei Endkunden beauftragt worden. Infolgedessen beauftragte die Beklagte die Klägerin mit der Leistungserbringung. Der Vertrag lief über 180 Tage mit vereinbarten Stundensätzen.

  1. Forderung des IT-Unternehmens (Klägerin)

Die Klägerin fordert eine Vergütung in Höhe von 7.645,00 € für 69,5 angeblich geleistete Stunden im Dezember 2019. Die Beklagte bestreitet die Erbringung dieser Stunden mit der Begründung, dass die Streithelferin (der eigentliche Auftraggeber der Beklagten) die Stunden nicht bestätigt habe.

Die Beklagte hingegen machte mit einer Widerklage eine Rückzahlung bereits gezahlter 23.220,00 € für den Großteil der abgerechneten Stunden geltend. Sie argumentiert, dass die Klägerin die vertraglich geschuldeten Programme nicht funktionsfähig geliefert habe. Besonders problematisch sei, dass die Software für den Kunden 1 nie funktioniert habe und für den Kunden 2 überhaupt keine Übergabe erfolgt sei. Dies deute darauf hin, dass die abgerechneten Stunden tatsächlich nicht erbracht worden seien.

  1. Erstinstanzliches Urteil

Das LG Frankfurt a.M. wies sowohl die Klage als auch die Widerklage ab.

Zu Klage

Die Vergütung der Klägerin sei mangels Bestätigung der Stunden durch die Streithelferin (Auftraggeberin) noch nicht fällig. Daher könne die Klägerin die Vergütung (noch) nicht verlangen.

Widerklage auf Rückzahlung der gezahlten Vergütung wegen Nicht -bzw. Schlechtleistung

(Die Widerklage war bereits unzulässig, da sie nicht hinreichend bestimmt war. Dieser Umstand ist für diesen Blogbeitrag nicht relevant). : Selbst wenn die Widerklage zulässig gewesen wäre, hätte die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung gehabt.

Das OLG Frankfurt entschied, dass es sich beim „Subunternehmervertrag“ um einen Dienstvertrag und nicht um einen Werkvertrag handele. Dies begründete es unter anderem mit der stundenbasierten/zeitbasierten Vergütungsvereinbarung und der fehlenden vertraglichen Festlegung eines konkreten Arbeitserfolgs. Da der Vertrag keine Abnahme eines fertigen Werkes vorsah, bestehe kein Rückzahlungsanspruch. Die vereinbarte Zahlung wurde mit Bestätigung der getätigten Stunden und der ordnungsgemäßen Leistungserbringung fällig, unabhängig davon, ob ein bestimmtes Arbeitsergebnis erzielt wurde. Zudem hatte die Beklagte die Beweislast für eine nicht vertragsgemäße Leistung zu tragen, was ihr nicht gelungen ist.

Dienstvertrag statt Werkvertrag

Das OLG bestätigte die Auffassung des Landgerichts, dass es sich um einen Dienstvertrag handelt. Die vereinbarten Kündigungsfristen, die Abrechnung nach Stunden sowie die fehlende Verpflichtung zur Ablieferung einer fertigen Software sprechen gegen einen Werkvertrag. Bei der Entwicklung einer Schnittstelle handelt es sich nicht um die Erstellung eines kompletten IT-Systems, weshalb hier kein Erfolgsversprechen bestand.

Kein Schadensersatz wegen unwirtschaftlicher Betriebsführung

Das Gericht sah keinen Anspruch der Beklagten auf Schadensersatz, da eine Pflicht zur wirtschaftlichen Betriebsführung im Dienstvertragsrecht nicht in der Weise bestehe, dass hieraus eine Rückzahlungspflicht abgeleitet werden könne.

Kein Beweis für nicht erbrachte Stunden

Die Beklagte konnte nicht nachweisen, dass die von der Klägerin abgerechneten Stunden nicht tatsächlich geleistet wurden. Sie selbst hatte Stundenaufstellungen vorgelegt, die mit dem Vertrag übereinstimmten. Da die Vergütung erst nach Bestätigung des Kunden fällig wurde, hätte die Beklagte im Nachhinein nicht einfach die erbrachte Arbeitszeit bestreiten können.

Fazit

Immer mehr Gerichte schauen sich die konkreten Vertragsgestaltungen und auch die Umsetzung des Vertrags an. Wenn der Vertrag selbst und die Umsetzung der vertraglichen Regelungen so gestaltet sind, dass ein Dienstvertrag geschuldet ist, entscheiden auch die Gerichte in diesem Sinne. Die Auftraggeber berufen sich zwar gerne auf die allseits bekannte Rechtsprechung des BGH aus dem Jahr 2010 (Internet-Systemvertrag). Allerdings hat diese Entscheidung in vielen Fällen nichts mit den heutigen Verträgen und Projektverläufen zu tun.

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