Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (kurz: BFSG) – Geltungsbereich und Adressaten

Das BFSG tritt zum 28.06.2025 in Kraft. Zu finden ist es derzeit noch im Bundesanzeiger.

Wir erhalten viele Anfragen, was denn jetzt zu tun sei. Kleine Notiz am Rande: Wer Adressat dieses Gesetzes ist und hinsichtlich seiner Produkte und / oder Dienstleistungen noch nichts umgesetzt hat, ist wirklich spät dran. Wichtig ist, dass zunächst überprüft werden muss, wer Adressat dieses Gesetzes ist und ob die Produkte oder Dienstleistungen in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen.

1. Adressat des Gesetzes

Im BFSG selbst werden sog. Wirtschaftsakteure adressiert. Das sind nach § 2 Ziff. 15 BFSG: Hersteller, Bevollmächtigte, Einführer, Händler oder Dienstleistungserbringer.

Diese Wirtschaftsakteure sind aber nur dann Adressaten dieses Gesetzes, wenn sie Produkte oder Dienstleistungen im Sinne dieses Gesetzes in den Verkehr bringen, anbieten, auf den Markt bringen, etc.

Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass es für die öffentliche Hand bereits zahlreiche Gesetze und Normen gibt, die die öffentliche Hand zur Barrierefreiheit verpflichten.

Ich beschränke mich bei der Nennung dieser Normen und Gesetze auf das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0.).

Somit wird klar, dass das BFSG, welches die Richtlinie (EU) 2019/882 umsetzt, für den privaten Sektor gilt. Denn für diesen gibt es noch keine hinreichenden Gesetze, die die Barrierefreiheit stärken. So argumentiert jedenfalls der Deutsche Bundestag in seinen Erwägungsgründen (BT-Drucks. 19/28653, S. 41 unter Ziff. V.).

2. Produkte und Dienstleistungen nach dem BFSG

Ein genauerer Blick muss auch auf die Definitionen von „Produkten“ und „Dienstleistungen“ geworfen werden. Diese sind nämlich nach dem BFSG eingeschränkt.

2.1. Produkte

In § 2 Ziffer 2 BFSG wird der Begriff „Produkt“ definiert:

„Produkt“: ein Stoff, eine Zubereitung oder eine Ware, der oder die durch einen Fertigungsprozess hergestellt worden ist, mit Ausnahme von Lebensmitteln, Futtermitteln, lebenden Pflanzen und Tieren, Erzeugnissen menschlichen Ursprungs und Erzeugnissen von Pflanzen und Tieren, die unmittelbar mit ihrer künftigen Reproduktion zusammenhängen.

In § 1 Abs. 2 BFSG wird noch einmal eingegrenzt, welche Produkte unter das BFSG fallen und nach dem 28.06.2025 in den Verkehr gebracht werden.

Kurz gefasst sind das:

  • Hardwaresysteme für Universalrechner für Verbraucher einschließlich der für diese Hardwaresysteme bestimmte Betriebssysteme.

Erläuterung: Solche Computerhardwaresysteme zeichnen sich durch ihren Mehrzweckcharakter und ihre Fähigkeit aus, mit der geeigneten Software die vom Verbraucher geforderten üblichen Computeraufgaben durchzuführen und sind dazu bestimmt, von Verbrauchern bedient zu werden.

Das sind z.B. Personal Computer, einschließlich Desktops, Notebooks, Smartphones und Tablets. (siehe BT-Drucks. 19/28653, S. 63).

  • Bestimmte Selbstbedienungsterminals (siehe § 1 Abs. 2 Ziffer 2 a) – b) BFSG;
  • Verbraucherendgeräte mit interaktivem Leistungsumfang, die für Telekommunikationsdienste  oder für den Zugang zu audiovisuellen Mediendiensten verwendet werden können;
  • E-Book-Geräte.

Reine Software fällt nicht unter die Definition „Produkt“ im Sinne des BFSG.

2.2. Dienstleistungen

In § 2 Nr. 3 BFSG wird der Begriff „Dienstleistung“ definiert:

„Dienstleistung“: eine Dienstleistung im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 36). In der zitierten Richtlinie heißt es:

„Dienstleistung“ jede von Artikel 50 des Vertrags erfasste selbstständige Tätigkeit, die in der Regel gegen Entgelt erbracht wird.

In § 1 Abs. 3 BFSG werden diese Dienstleistungen, die unter das BFSG fallen, eingeschränkt:

  • Telekommunikationsdienste mit Ausnahme von Übertragungsdiensten (…)
  • Bestimmte Elemente von Personenbeförderungsdiensten (siehe § 1 Abs. 3 Ziff. 2 a) – e) BFSG
  • Bankdienstleistungen für Verbraucher;
  • E-Books und hierfür bestimmte Software und
  • Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr.

3. Software in der Kette B2B zu B2C (Endkunde ist Verbraucher)

Wer nun Software herstellt und diese im B2B vertreibt, fällt somit nicht in den Anwendungsbereich des BFSG.

Sie müssen aber vor allem dann Ihre Software anpassen, wenn diese von Ihrem Kunden dazu verwendet wird, Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr gegenüber Verbrauchern anzubieten. Was das genau bedeutet, erläutere ich Ihnen nachfolgend.

4. Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr

Auch hierzu gibt es eine Definition, und zwar in § 2 Nr. 26 BFSG:

„Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr“: Dienstleistungen der Telemedien, die über Webseiten und über Anwendungen auf Mobilgeräten angeboten werden und elektronisch und auf individuelle Anfrage eines Verbrauchers im Hinblick auf den Abschluss eines Verbrauchervertrags erbracht werden.

Hierunter fallen insbesondere Online.Shops. Aber auch Online-Formulare können hierunter fallen, wenn damit Dienstleistungen gebucht werden können, wie z.B. der nächste Friseurtermin. Ob das der Fall ist, wird aber sicher noch konkretisiert werden und ggf. durch die Rechtsprechung entschieden.

Wie dann die Umsetzung des BFSG aussieht, ergibt sich aus der hierzu gehörenden Verordnung BFSGV.

Sie haben Fragen? Dann kontaktieren Sie uns gerne.

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