Softwarevertragsrecht: Erstellung und Anpassung von Software unter lizenzrechtlicher Sicht

1.) Neuerstellung

Die Erstellung von Software „of the scratch“ , also die komplette Neuerstellung von Software kommt in der Praxis relativ selten vor. Jedenfalls in unserer Praxis wird Software in geschätzten 95% aller Fälle  unter Verwendung vorhandener Software erstellt.

a.) Die Programmierung von Software* kann lizenzrechtlich** unterschiedlich zu beurteilen sein.  Die gesetzlichen Regelungen der §§ 69aff UrhG schützen den Code, der dem Kunden überlassen wird. Wird der dem Kunden überlassene Code unter Verwendung von Programmbibliotheken verwendet, stellt sich die Frage, welche Rechte der Kunde erhält. Hier ist zwischen dem neu erstellten Code und dem Code der Bibliothek zu unterscheiden.

b.) Besondere Obacht muß auf die Verwendung von FOSS*** gelegt werden. Hier kann es dazu kommen, daß parallel mehrere verschiedene lizenzrechtliche Bestimmungen anwendbar sind. Erstens die Regelungen, die für die Software gelten, die speziell für den Kunden erstellt wurde und nicht irgendeiner FOSS oder anderen Absprachen seitens eines Softwarelieferanten unterliegt. Zweitens die Software, die proprietär ist und die als dll aus der Software angesteuert wird, die für den Kunden verwendet wird. Und drittens: Die Bestimmungen, die für die FOSS Software gelten.

Man tue gut daran, hier im Rahmen der lizenzrechtlichen Bestimmungen genau zu arbeiten und insbesondere Inkompabilitäten zwischen den einzelnen lizenzrechtlichen Bestimmungen vor dem Projekt zu beachten.

c.) Sofern DLLs oder irgendwelche Tabellen, Daten oder Datenbanken für die Verwendung der Software erforderlich sind, tue man sich auf der Seite des Kunden, genau danach zu fragen, welche Dateien und Datenbanken das sind und auch diese lizenzrechtlich zu bewähren.

 

2.) Anpassung

Sachverhalt: Es wird auf ein bestehendes Softwareprodukt aufgesetzt, dessen Funktionen und Eigenschaften an die Wünsche eines einzelnen Kunden angepasst werden.

Hier ist hinsichtlich der Terminologie und der anknüpfenden Sachverhalte zu unterscheiden: Die Begriffe Parametrisierung und Customizing werden in der Branche unterschiedlich verwendet, weshalb ich hier darlege, wie ich die Begriffe einsetze (ohne Anspruch auf tiefe Wahrhaftigkeit).

a.) Parametrisierung ist die Anpassung der Standardsoftware unter Verwendung von Anpassungsmöglichkeiten, die in der Software bestehen, ohne daß der Code der Software verändert wird.

Die Frage, wie die Software juristisch zu behandeln die, die dem Kunden im Rahmen der Parametrisierung zur Verfügung gestellt wird, ist einfach zu beurteilen, sofern es sich um die Standardsoftware handelt. Hier gelten die Regelungen, die im Rahmen des Verkaufs- oder der Vermietung der Software abgeschlossen werden. Hinsichtlich der Änderungen, die infolge der Parametrisierung ergeben, muß man einige Schwierigkeiten berücksichtigen.

aa.) Die Regelungen der §§ 69a ff. UrhG setzen an dem Softwarecode an. Wird dieser nicht verändert, entstehen auf der Seite des ITlers auch dann keine besonderen Rechte an der geänderten Software, wenn der ITler tausende von Stunden in die Parametrisierung von Funktionen gesteckt hat.  Geschützt wird durch das Urheberrecht nicht die Funktion der Software, sondern die besondere Struktur des Codes. Wird der Code nicht geändert, entstehen keine neuen Urheberrechte.

bb.) Natürlich kann man mit dem Kunden vertragliche Vereinbarungen treffen, nach deren Inhalt der Kunde die Änderungen genauso zu respektieren hat wie er Lizenzen zu beachten hat. Aber: Diese Regelungen werden in AGB keinen Bestand haben, weil das Urheberrecht ein gesetzliches Recht ist und man nicht in einem Standardvertrag fingieren kann, daß es etwas, daß nicht besteht, vom Kunden genauso zu beachten ist wie etwas, daß von Gesetz wegen entsteht und deshalb zu beachten ist.

cc.) Der richtige Ansatzpunkt für den Schutz des ITlers sind wettbewerbsrechtliche Absprachen, die den Kunden während der Laufzeit des Vertrags und nach Abschluß des Projekts binden.

b.) Customizing ist die Anpassung der Software unter Änderung des Codes.

Die Anpassung der Software folgt lizenzrechtlich wieder der Differenzierung, die oben unter 1.) gemacht wurde. Die neu erstellte oder angepasste Software ist anders zu beurteilen als die Software, die dem Kunden als Standard überlassen wird. Hier kann auf die unter 1.) gemachten Ausführungen verwiesen werden.

 

* Der Begriff der Software wird nachfolgend analog zu dem des Programms verwendet.

**Der Terminus „Lizenz“ wird von Juristen im Bereich des Softwareurheberrechts nur noch ungerne verwendet. Die Rechte, die kommerziell verwendet werden können, heißen in Deutschland Nutzungsrechte und nicht Lizenzen. Lizenzen kennt das Patent- oder das Markenrecht. Das Urheberrecht verwendet diesen Terminus nicht. Dies ist wichtig, weil sich Lizenzen anders als Nutzungsrechte übertragen lassen. Nachfolgend wird der Terminus der Lizenz aber weiterhin analog mit dem der Lizenz verwendet.

*** FOSS: Free Open Source Software

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