Wettbewerbsrecht: Irreführung bei als Marke geschützten geografischen Herkunftsangaben

Werden im Rahmen der Produktwerbung geografische Herkunftsbezeichnungen verwendet (§§126, 127 MarkenG), müssen die wesentlichen Verarbeitungsschritte auch in der genannten Region stattfinden. Das gilt auch dann uneingeschränkt, wenn die Herkunftsbezeichnung als Marke geschützt ist. So entschied das OLG Stuttgart im Falle von als „Mark Brandenburg“ bezeichneter, tatsächlich aber in Köln abgefüllter Frischmilch (Urteil vom 04.07.2013 – 2 U 157/12).

Der Verbraucher müsse sich auf die mit der geografischen Herkunftsangabe verknüpften Erwartungen verlassen können. Möglicherweise lasse er sich in seiner Kaufentscheidung bewusst von dieser leiten, etwa weil er eine bestimmte Region unterstützen wolle oder gerade auf regionale Produkte bevorzuge, die ohne lange Transportwege besonders ressourcenschonend hergestellt würden. Diesen Erwartungen stehe es entgegen, wenn das betreffende Produkt letztlich gar nicht aus der Region stamme, sondern wie im konkret entschiedenen Fall quer durch Deutschland transportiert werden müsse.

Die Irreführung bestehe danach sowohl in wettbewerbsrechtlicher als auch in markenrechtlicher Hinsicht. Insofern spiele es auch keine Rolle, ob die geografische Herkunftsangabe gleichzeitig auch als eingetragene Marke Schutz genieße. Auf diesem Wege ließen sich die Erwartungen des Verbrauchers nicht umgehen.

Nicht geeignet, die Irreführung auszuschließen, sei auch der gegenüber der regionalen Bezeichnung deutlich in den Hintergrund tretende Hinweis „angefüllt in Köln“. Im konkreten Fall war dieser in deutlich kleinerer weißer Schrift auf blauem Grund unterhalb der Bezeichnung „Mark Brandenburg“ angebracht.

Praktisch dürfte es danach kaum möglich sein, die Irreführung durch entsprechende Hinweise auszuschließen. Denn diese müssten quasi gleichberechtigt neben der Bezeichnung bzw. geografischen Herkunftsangabe stehen – damit wäre diese natürlich entwertet und die Produktaufmachung dahin.

Danach ist bei der Verwendung von Bezeichnung, die auf eine lokale oder regionale Herkunft hindeuten, besondere Vorsicht im Hinblick auf die tatsächlichen Umstände der Herstellung geboten. Alle wesentlichen Verarbeitungsschritte müssen wirklich in der bezeichneten Gegend oder deren unmittelbaren Nähe stattfinden. Grundsätzlich eine nachvollziehbare Entscheidung, wenn auch das Einkaufsverhalten der Verbraucher – insbesondere im Hinblick auf in Supermärkten vertriebene Milch – wohl deutlich überschätzt wird. (Dies dürfte vorliegend vor allem deswegen fraglich sein, weil das Argument, kurzer Transportwege beim Vertrieb der Milch in Baden-Württemberg kaum zu halten sein dürfte.)

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