Markenrecht: Vorsicht bei Neuanmeldung „historischer“ Marken

Wer in einen Markt eintritt, muss sich die Aufmerksamkeit der Abnehmer sichern. Warum da nicht mit einer Marke auftreten, die zwar lange nicht mehr benutzt worden ist, mit den angebotenen Produkten aber dennoch noch in Verbindung gebracht wird? So dachte wohl ein britischer Hersteller von Elektro-Fahrrädern und meldete hierfür die Marke „SIMCA“ an. In einer überraschenden Entscheidung verfügte das EuG nun deren Löschung (Urteil vom 08.05.2014 – T-327/12).

Der Grund: Es gibt für dieselben oder sehr ähnliche Waren bereits eingetragene Marken der PSA Peugeot Citroën. Diese waren in den 1930er-Jahren angemeldet worden und – die Älteren mögen sich erinnern – wurden bis Ende der 1970er-Jahre für Fahrzeuge verwendet. Eingetragen blieben die Marken gleichwohl. Eine weitere Nutzung erfolgte jedoch nicht.

Aus diesen Marken ging PSA Peugeot Citroën nun gegen die Neuanmeldung vor und wandte gegen diese ein, die Anmeldung sei bösgläubig unter parasitärer Ausnutzung der Wertschätzung der alten Marken erfolgt und stelle daher eine gezielte Behinderung dar.

Das EuG folgte dieser Argumentation mit einer nachgerade abenteuerlichen Begründung. Dem Anmelder sei es tatsächlich darauf angekommen, die Wertschätzung der alten Marken auszunutzen. Diese würden auch noch eine gewisse „Restbekanntheit“ in Bezug auf die fraglichen Waren genießen. Es könne zudem nicht ausgeschlossen werden, dass die Marken von PSA Peugeot Citroën zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal genutzt werden könnten.

So weit, so gut. Nur kennt das Markenrecht eigentlich einen Benutzungszwang, d.h. wird eine Marke nicht genutzt, tritt die Löschungsreife ein. Ob der Inhaber eine Nutzung für die Zukunft nicht ausschließt, ist in diesem Zusammenhang egal. Ein Vorbenutzungsrecht ist dem Markenrecht fremd. Es bleibt danach auch rätselhaft, warum der Anmelder nicht die Löschung der alten Marken beantragt hat.

So ist ein Urteil in der Welt, das – wieder einmal – große Rechtsunsicherheit stiftet. Dies zumal, weil der BGH in einem Parallelverfahren, das entsprechende deutsche Marken betraf, die Wiederbelebung einer alten, nicht mehr benutzten Marke ausdrücklich als zulässig gebilligt hat.

Aktuell bleibt festzuhalten, dass bei der Neuanmeldung alter Marken eine gewisse Vorsicht geboten ist. Dies gilt zumindest bei der Anmeldung von Gemeinschaftsmarken und insbesondere dann, wenn die Inhaber der alten Marken große Unternehmen sind, die regelmäßig eine sorgfältige Überwachung ihrer Marken betreiben.

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