IT-Vertragsrecht: Lizenzrecht – die Bestimmungsgemäße Nutzung Teil I

In diesem Blog geht es um die Frage, was eigentlich geschieht, wenn eine vertragliche Bestimmung zur Übertragung der Nutzungsrechte fehlt oder schlecht beschrieben ist.

Beginnen werde ich mit der Zentralnorm des Urhebervertragsrechts für Software, dem § 69d UrhG. Die Norm ist in der Praxis schwierig anzuwenden. Wir beginnen mit einem einfachen Fall.

I. Fehlen einer vertraglichen Regelung zur Vervielfältigung

Fall 1: A (IT Unternehmen) und K (Kunde) schließen einen „SLA Vertrag“ ab. In der Präambel steht, daß A die Software S dem K „zur Nutzung“ überlässt und sich der Lizenzpreis nach der Anzahl der Arbeitsplätze richtet und der Kunde dürfe die Software auf 10 Einzelplätzen installieren. Im Vertrag steht etwas von einem Kaufpreis, vereinbart wird eine

Frage: Darf K die Software in den Arbeitsspeicher der 10 kopieren, auch wenn dies eine nach dem Urheberrecht zustimmungsbedürftige Handlung ist und der Vertrag dem K für die Handlung keine Lizenz einräumt?

So wie hier geschildert, sehen sehr viele „Lizenzverträge“ über Software aus. Aus AGB rechtlichen Gründen müssten eigentlich die einzelnen Nutzungsarten, die Anzahl und die Beschränkungen der Nutzungsarten genannt sein. Das aber ist nach dem Urheberrecht nicht erforderlich. Das Urheberrecht ist in seiner Systematik so aufgebaut, daß es im Teil 1 sagt: Was ist geschützt? Antwort: Software, § 69a UrhG. Wer ist geschützt? Antwort: Der Urheber, § 69b UrhG. Welche Verwertungshandlungen sind grundsätzlich nur mit seiner  Zustimmung geschützt? Antwort: Steht im einzelnen aufgeführt in den § 69c Nr. 1 bis Nr.4 UrhG. Welche Schranken (also deutsch: Ausnahmen) von dem Zustimmungsvorbehalt gibt es? Antwort: § 69d UrhG: Man braucht die Zustimmung des Urhebers nicht in folgenden Fällen:

§ 69d I UrhG bestimmt eine Ausnahme zu den §§ 69c Nr.1 und 69c Nr.2 UrhG. Diese beiden Normen besagen, daß die Vervielfältigung oder Bearbeitung einer Software nur mit Zustimmung des Berechtigten erfolgen dürfen. § 69d I UrhG besagt, daß Handlungen, die für die bestimmungsgemäße Nutzung der Software erforderlich sind, auch ohne Zustimmung oder gar gegen den Willen des Berechtigten erfolgen können.

Falls man eine Software kauft und bestimmte technische Handlungen für die „Verwendung“ der Software erforderlich sind kann der Inhaber der Nutzungsrechte die Vornahme dieser technischen Handlungen nicht von weiteren Voraussetzungen abhängig machen oder verbieten. Was notwendig ist, um die Software zu nutzen, ist ohne Zustimmung des Berechtigten erlaubt.

Ist die technische Voraussetzung, daß man die Software auf einem Einzelplatz in den Arbeitsspeicher laden können muß, dann ist auch diese Nutzungsart „mitverkauft“. Analog: Bei einer Client Server Lösung sind die entsprechenden Rechte für mindestens einen Arbeitsplatz und den Server verkauft.

Fall 2: Wie vor: Nur möchte K gerne die Software redundant auf einer VM installieren (also soll die Software in zwei Instanzen geladen sein).

Hier hilft der § 69d UrhG nicht. Die Ausnahmen beziehen sich nur auf die technischen unerlässlichen Vorgänge. Die Absicherung des technischen Betriebs ist für die reine „Nutzung“ nicht unerlässlich. Die zweite Lizenz ist zu bezahlen.

Fall 3: Wie Fall 1, nur lautet die Überschrift über dem Vertrag „SLA Vertrag“ und es ist nicht klar, ob die Rechte zeitlich unbeschränkt und unwiderruflich oder eben widerruflich übergehen. Der Vertrag besagt nur, daß der Kunde das Recht erhält, die Software „zu nutzen“. Mehr nicht.

Der § 69d Abs.1 UrhG ist aber nur eröffnet, wenn die Nutzungsrechte endgülitg übergehen (für die Juristen: Dann wenn eine Erschöpfung nach § 17 Abs.2 UrhG, 69cNr.3 UrhG) eintritt. Wird Software vermietet, ist der § 69d Abs. 1 UrhG die falsche Wahl.

Und damit gehen die Probleme in dem Fall los:

Was ist ein SLA Vertrag? Service Level Agreements werden abgeschlossen, um unbestimmte Begriffe zu konkretisieren. Die Überschrift für sich sagt für sich genommen nicht, ob es sich um einen Kauf oder Mietvertrag handelt. Wenn auch aus den anderen Umständen des Falls keine Klarheit zu gewinnen ist, hilft auch § 69d Abs.1 UrhG nicht weiter.

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