Software-Leasing – Die Alternative zum Softwarekauf Teil II

Im ersten Teil habe ich erläutert, welche Vorteile ein Software-Leasing haben kann, wie das Verhältnis zwischen Leasinggeber, Leasingnehmer und ggf. Dritten aussieht und welche Arten von Software-Leasing gängig sind.

In diesem Teil möchte ich auf Probleme aufmerksam machen, die durch vertragswidriges Verhalten des Softwareherstellers als Lieferant entstehen können.

Zur Erinnerung:

Wir haben folgende Vertragsparteien:

  1. Leasingnehmer = Die Person, die die Software nutzen möchte, ohne sie käuflich zu erwerben
  2. Leasinggeber = Die Person, die die Software erwirbt und dem Leasingnehmer zur Nutzung überlässt
  3. Lieferant = Die Person, die die Software herstellt und sie an den Leasinggeber veräußert.

Folgende Vertragsbeziehungen sind gegeben:

  • Lieferant – Leasinggeber

Handelt es sich um Individualsoftware, besteht zwischen dem Lieferanten und dem Leasinggeber in der Regel ein Werkvertrag nach § 633 ff. BGB.

Handelt es sich um Standardsoftware, besteht zwischen dem Lieferanten und dem Leasinggeber in der Regel ein Kaufvertrag nach § 433 ff. BGB.

  •  Leasinggeber – Leasingnehmer

In allen Fällen liegt ein entgeltlicher Gebrauchsüberlassungsvertrag mit mietvertraglichen Grundelementen vor. Allerdings ist ein Leasingvertrag nicht gleichzusetzen mit einer Software-Miete.

Das Verhalten des Softwareherstellers (Lieferant) und dessen Konsequenzen

Die Ausgangslage ist immer dieselbe. Der Softwarehersteller muss eine Software liefern und hierzu gewisse terminliche und funktionale Vorgaben einhalten. Es werden Liefertermine vereinbart und Funktionen der Software vereinbart, die zum Liefertermin fertig gestellt bzw. geliefert werden sollen.

Hält der Softwarehersteller seine Versprechungen nicht ein, stellt sich die Frage, ob dieses Verhalten nun dem Leasinggeber zuzurechnen ist.

  1. Die Vertrags-„verhandlungen“

Während den Vertragsverhandlungen kann es vorkommen, dass vor allem der Softwarehersteller die Verhandlungen führt. Zu beachten ist, dass jede Vertragspartei bereits während der Vertragsverhandlungen gewisse Hinweis- und Aufklärungspflichten bzw. Sorgfaltspflichten hat.

Verletzt der Softwarehersteller diese Hinweis- oder Aufklärungspflichten, dann muss sich der Leasinggeber dieses Verhalten zurechnen lassen, denn der Leasinggeber ist ja der Vertragspartner des Leasingnehmers.

Der Softwarehersteller ist in diesem Zusammenhang Erfüllungsgehilfe (§ 278 BGB). Der Leasinggeber kann diese Haftung vertraglich nicht ausschließen.

  1. Die Vertrags-„erfüllung“

Bis hierhin ist eines klar: Der Vertrag besteht zwischen dem Leasinggeber und dem Leasingnehmer. Der Leasinggeber muss sich das Verhalten des Software-Herstellers zurechnen lassen, da der Software-Hersteller als Erfüllungsgehilfe dient. Dies gilt aber nur für vertragliche Pflichten, die zwischen dem Leasinggeber und Leasingnehmer bestehen.

Der Leasinggeber finanziert die Software-Lösung vor, geht also bereits während des Projekts in eine Vorleistung. Die Leasingrate kann ja erst gezahlt werden, wenn der Leasingvertrag beginnt, sprich, mit der Fertigstellung bzw. Abnahme der Software.

Der Leasinggeber könnte versuchen, sich vor gescheiterten Software-Projekten (z.B. Überlassung, Anpassung und Implementierung) zu schützen, indem er sich vorbehält, sich aus dem Vertrag zurückzuziehen, falls das Software-Projekt nicht fertiggestellt und abgenommen wird und der Leasingvertrag aus diesem Grund zum vereinbarten Termin nicht begonnen hat. Für dieses Rücktrittsrecht, sofern der Leasinggeber sich dieses in seinen AGB eingeräumt hat, fehlt es an einem sachlich gerechtfertigten Grund (siehe BGH Urteil v. 29.10.2008, Az. VIII ZR 258/07). Denn: Der Leasinggeber kann nicht von einem Vertrag zurücktreten, in welchem die Software nicht zum vereinbarten Zeitpunkt geliefert wird, wenn er selbst für die Lieferung der Software vertraglich verantwortlich ist, während der Software-Hersteller sein Erfüllungsgehilfe ist. Zudem benachteiligt diese Regelung den Leasingnehmer in unangemessener Weise.

Insgesamt kann festgehalten werden, dass die typischen Rechte und Pflichten im Rahmen des Leasingvertrags nicht abbedungen werden können. Der Leasingnehmer kann sich also auch vom Leasingvertrag lösen oder Schadensersatzansprüche wegen Verzugs geltend machen, wenn die Software nicht vertragsgemäß zum vereinbarten Zeitpunkt fertig gestellt wird. Eine AGB des Leasinggebers, die das abbedingen will, ist unwirksam.

Steht der Leasinggeber dem Ganzen nun völlig hilflos gegenüber?

Selbstverständlich nicht. Er kann gegenüber dem Software-Hersteller ein Leistungsverweigerungsrecht geltend machen, selbst dann, wenn der Leasinggeber den Nacherfüllungsanspruch an den Leasingnehmer abgetreten hat. Auch steht dem Leasinggeber gegenüber dem Software-Hersteller ein Schadensersatzanspruch oder sogar ein Rücktrittsrecht zu, wenn die Voraussetzungen hierzu erfüllt sind.

Im Ergebnis lässt sich festhalten:

Abgesehen von den Vorteilen (siehe hierzu Teil I) des Leasings bleiben die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien grundsätzlich bestehen, genau wie im Kaufvertrag, Werkvertrag oder Mietvertrag, je nachdem, welcher Vertrag gerade einschlägig ist.

 

 

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