Beweislast für die Miturheberschaft an einer Software im Rahmen der Prozessführung – Hans. OLG 23-7-2020 Teil II

Fortsetzung von Teil I

  1. Eigenständige geistige Schöpfung des Computerprogramms

Nach § 69a III UrhG werden Computerprogramme nur dann geschützt, wenn sie individuelle Werke darstellen und das Ergebnis einer eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind.

Dieser eigenständige geistige Beitrag kann in allen Phasen der Entwicklung eines Programms zum Ausdruck kommen. Es ist klar, dass ein Software- Designer mehr Kreativität bei der Umsetzung einer Aufgabe hat als jemand, der lediglich codiert. Solange allerdings derjenige, der codiert, selbst noch eigenständigen Gestaltungsfreiraum hat, stehen auch ihm Urheberrechte an dem Computerprogramm zu.

Genau den Nachweis dafür, dass eine solche eigenständige geistige Schöpfung bei der Erstellung des Computerprogramms vorliegt, hat das IT- Unternehmen nicht geleistet. Es wurden eben nicht mögliche Alternativen beschrieben, wie es auch anders möglich gewesen wäre, die von der Beklagten gestellten fachlichen Anforderungen technisch umzusetzen.

  1. Dokumentation des Softwaredesigns

Auch die eingereichten Unterlagen, die das Softwaredesign betrafen, führten nicht weiter.

Man habe nicht dargelegt, dass das Software- Design eine ausreichende Darstellung des Befehls- bzw. Informationsablaufs enthalte, um daraus das Computerprogramm ableiten zu können. Hier stellt sich wieder eine typische Schwäche der IT dar. Die Dokumentation, aus der heraus die Codierung angefertigt wurde, war nach Ansicht des Gerichts nicht selbst urheberrechtsfähig. Man muss sich hierzu vorstellen, dass es eine unsichtbare Scheidewand zwischen dem Bereich der fachlichen Anforderungen gibt, die eben nicht urheberrechtsfähig sind und deren Umsetzung im Rahmen eines schöpferischen Akts in die technische Welt. Wo genau bei der Dokumentation des Softwaredesigns diese Grenze verläuft, ist aus der juristischen Literatur nicht abschließend klar. Im vorliegenden Fall hat das Gericht aber die Vorlage der entsprechenden Dokumentation als nicht ausreichend angesehen. Jemand, der nicht beweisbar einen schöpferischen Beitrag bei der Umsetzung einer fachlichen Anforderung leiste, sei eben nicht Urheber sondern Ideengeber. Und der sei nicht geschützt.

  1. Beweisnot – Software beim Kunden

Verschärfend kam hier dazu, dass sich offensichtlich die Software im Zugriff der Beklagten befand und das Gericht die Beklagte nicht dazu verpflichtet sah (sekundäre Beweislast) die Software an die Klägerin herauszugeben. Die Klägerin hätte zunächst darlegen müssen, dass sie Inhaberin der Nutzungsrechte sei, bevor eine solche Pflicht der Beklagten zur Herausgabe der Software bestünde.

Fazit

Das Gerichtsverfahren zeigt die bestehen Mühen bei der Prozessführung im Urheberrecht. Wenn man Verbietungsrechte aus dem Urheberrecht geltend machen will, muss man darlegen, dass man die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verbietungsrechte innehat. Und das ist ein Selbstgänger, wenn sich die Gegenseite geschickt verteidigt.

Es reicht nicht aus, zu behaupten, dass die Software nun ganz bestimmt im eigenen Haus programmiert worden sei. Erforderlich ist eben, dass an dieser Software auch noch Urheberrechte entstanden sind. Wenn die Gegenseite sich geschickt verhält, wird es sehr schwer, nachzuweisen, dass man selbst Verbietungsrechte innehat, wenn die entsprechenden Prozesse und Arbeitsabläufe im eigenen Unternehmen unklar sind oder nicht hinreichend dokumentiert sind.

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