Preisanpassungsklauseln

Zuletzt hatte ich im Jahr 2020 etwas über Preisanpassungsklauseln geschrieben. Aus aktuellem Anlass nun mehr dazu. Dabei ist zu beachten, dass es für den B2B- Bereich bisher praktisch keine Rechtsprechung existiert, aus der generelle Ableitungen vorgenommen werden können. Auch die in der Literatur gemachten Aussagen sind divers.

I. Grundsatz

1.) Konsensprinzip

Erstens gilt für Dauerschuldverhältnisse der Grundsatz des „pacta sund servanda“. Der Vertrag ist so durchzuführen, wie er vereinbart wurde. Es gibt kein einseitiges Recht der Veränderung von Leistung oder Gegenleistung. Niemand kann grundsätzlich ohne den Konsens des jeweils anderen Teils den Vertrag verändern. Wer einen Vertrag für eine Laufzeit von 5 Jahren mit einem vereinbarten Preis abschließt, darf diesen Preis grundsätzlich nicht ohne Zustimmung des Vertragspartners verändern.

Das Konsensprinzip darf nur in engem Rahmen und nur unter bestimmten Bedingungen geändert werden.

2.) Sanktionen

Das Problem des deutschen Rechts besteht in den Sanktionsmöglichkeiten des Kunden, falls das Konsensprinzip verletzt wird. Der Kunde braucht einer Preisanpassung nicht zuzustimmen und kann die Durchführung des Vertrags zu den alten Konditionen verlangen. Dem Anbieter verbleibt in diesem Moment nur, den Vertrag zu den alten Konditionen durchzuführen und die ordentliche Kündigung des Vertrags zu erklären. In diesem Fall muss man also warten, bis der Vertrag abgelaufen ist. Will man das nicht und stellt die Leistung ein, wenn der Kunde der Preiserhöhung nicht zustimmt, dann kann der Kunde außerordentlich kündigen und Schadensersatz verlangen. Dieser kann nach dem Prinzip der Naturalrestitution (der Geschädigte ist so zu stellen, als ob das schädigende Ereignis nicht stattgefunden hätte) auch darin bestehen, dass der Kunde nun einen Wettbewerber beauftragt und den Ersatz der Kosten verlangt. Aus den Verträgen mit US- Lieferanten kennt man die Möglichkeit, dass der Kunde im Falle einer Anpassung der Leistung oder des Preises die Möglichkeit hat, den Vertrag zu kündigen. Und zwar ohne weitere Sanktionsmöglichkeit. Das kennt man grundsätzlich im Deutschen Recht nicht und es lässt sich nicht im Wege der AGB, sondern nur im Wege der Individualvereinbarungen mit dem Kunden verabreden.

3.) Fingierte Zustimmung.

Die Zustimmung des Kunden kann nicht aus dem Schweigen des Kunden abgeleitet /fingiert werden, wenn man ihm eine Mitteilung zukommen lässt, aus der sich die Preiserhöhung ergibt. Dem hat der BGH gerade wieder für den Bereich des Bankrechts eine Absage erteilt. Schweigen bedeutet im Grundsatz nicht, dass der Kunde zustimmt.

II. Regulatorischer Rahmen.

Die §§ 308 Nr. 4 und 308 Nr.5 BGB und die Regelungen des Preisklauselgesetzes geben den Rahmen für die Möglichkeiten der Preisanpassung vor.

1.) Preisanpassungen müssen transparent sein.

Wenn also Preise angepasst werden, muss das so geschehen, dass der Kunde die Möglichkeit der Preisanpassung schon kennt, wenn er den Vertrag eingeht. Die Parameter zur Änderung des Preises müssen am besten transparent und nachvollziehbar sein.

Am besten ist, wenn man schreibt, um welchen Faktor die Preise innerhalb von welcher Zeitspanne angepasst werden können.

Aber: Solche Regelungen sollten sich nicht in den AGB wiederfinden, sondern an Stellen, an denen der Kunde damit rechnet, dass preisbildende Aussagen getätigt werden, also direkt in dem Angebot oder in dem Preisblatt. In den AGBs sind solche Regelungen immer nicht gerne gesehen, weil die Richter (nicht zu Unrecht) davon ausgehen, dass normale Menschen keine AGB lesen.

2.) Parameter der zumutbaren Preiserhöhung

a.) Eine Möglichkeit besteht darin, die Preisanpassungen von einem Index abhängig zu machen. Dabei wird regelmäßig auf den Verbraucherpreisindex abgestellt. Problematisch ist dabei jedoch, dass es sich um einen Index handelt, der die Kaufkraft von Verbrauchern widerspiegelt. Diesen auf den B2B- Bereich zu übertragen ist, meiner Meinung nach, nicht möglich. Zudem existiert keine explizite Kosten- Aufstellung für den IT- Bereich. Als weiteren Index könnte auf den Erzeugerpreisindex für Dienstleistungen abgestellt werden. Dessen Entwicklung und Darstellung ist für den IT- Bereich jedoch nicht ausreichend und entspricht nicht dem Markt..

b.) Die zweite Möglichkeit besteht darin, einen Faktor zu bilden, der für die Kosten der Durchführung des Vertrags maßgeblich ist und zu schreiben, dass eine Erhöhung der maßgeblichen Kosten um einen bestimmten Faktor in einem bestimmten Zeitraum (meist 12 Monaten) auch eine Erhöhung der Vergütung der Preise nach sich ziehen kann, wobei eine Obergrenze zu benennen ist, damit dem Kunden Preissicherheit geboten wird.

c.) All diese Möglichkeiten haben den Nachteil, dass nicht ausreichend Rechtsprechung für den Bereich BTB besteht. In dem Verbraucherbereich ist das anders. Hier hat der BGH Regelungen in AGB von Energieversorgungsunternehmen untersucht und befunden, dass eine Preiserhöhung nur dann statthaft ist, wenn der Anbieter nachweist, dass sich die vertragsbezogenen Kosten erhöht haben, die erhöhten Kosten nicht durch eine Minderung der eingeplanten Gewinne abfangen lassen und drittens der Anbieter im Falle des Bestreitens seine Gewinnkalkulation aufdeckt. Da meine Mandanten aber die Kalkulationsgrundlagen ihren Kunden gegenüber nicht aufdecken wollen, lehnen sie diese (rechtssicheren) Regelungen meist ab und verbleiben bei dem unter lit.b.) genannten Weg. Reisende solle man ziehen lassen.

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