AGB. Wozu braucht man sie?

Dies wird kein Fachartikel, wie man es sonst von uns kennt. Dies wird ein Kommentar, den ich einmal schreiben möchte, weil ich immer wieder von Mandanten zu hören bekomme:
Unsere AGB sollen bitte so kurz wie möglich sein und wir möchten bitte nicht so viele Vertragsdokumente verwenden.

Zunächst einmal möchte ich mit folgenden Fehlvorstellungen aufräumen:

  1. Ich brauche AGB, sonst kann ich den Vertrag nicht abschließen oder den Online-Shop live schalten!

Allgemeine Geschäftsbedingungen (kurz: AGB) sind nicht zwingend für den Abschluss eines Vertrags erforderlich! Auch nicht für einen Online-Shop. Das bedeutet, ein Vertrag kann auch mit der Unterschrift unter Ihrem Angebot geschlossen werden und auch der Online-Shop kann „online“ gehen, wenn Sie noch keine AGB vorhalten.
(Bitte verwechseln Sie aber im Falle eines Online-Shops die AGB nicht mit Pflichtinformationen und Pflichtangaben, die Sie in jedem Fall vorhalten müssen!)

2. AGB sind lästig, weil sie einseitig geschlossen werden und den Vertragspartner „knebeln“.

AGB sind etwas Wunderbares! Denn man kann sie als Leitlinie für eine Vertragsbeziehung verstehen. Ähnlich wie eine Bedienungsanleitung. Man schaut dann in eine Bedienungsanleitung rein, wenn man sich nicht sicher ist, welche Knöpfe man drücken muss oder welchen Hebel man umstellen soll.
Natürlich landen AGB zunächst in der „Schublade“. Wenn aber zum Beispiel ein Stromausfall erfolgt, oder ein Sturm verhindert, dass Sie die gewünschten Waren erhalten, damit Sie diese weiterverarbeiten können, dann nehmen Sie die AGB aus der Schublade, und schauen unter der Klausel „höhere Gewalt“, welche Konsequenzen das jeweilige Ereignis für Ihre Vertragsbeziehung bedeutet.

Sinn und Zweck von AGB

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind genau das, was das Wort aussagt. Es sind allgemeine Vertragsbedingungen, die allgemeine Regelungen enthalten. Das bedeutet: Wenn Sie Ihrem Kunden ein Angebot schreiben, dann ist dieses Angebot (oder auch der sog. Leistungsschein) auf den Kunden zugeschnitten. Darin enthalten ist zum einen Name und Adresse des Kunden und die Leistung, die Sie dem Kunden anbieten. Auch die Gegenleistung ist in diesem Angebot enthalten. Mehr bedarf es für einen Vertragsschluss nicht.

Sie können aber auch noch regeln, wie die im Angebot vereinbarte Vergütung zu bezahlen ist, insbesondere, wenn es sich um eine längeres IT-Projekt oder um eine Miete handelt. Sie können auch regeln, wie Sie mit Fehlermeldungen umgehen möchten und welche Zeitfenster Sie ihrem Kunden zur Verfügung stellen, um direkt in die Kommunikation zu gehen (Service Level Agreements). Sie können unter bestimmten Voraussetzungen auch genau klären, wie Sie mit einem Gewährleistungsfall umgehen. Auch Mitwirkungspflichten sollten in einem Vertrag nicht fehlen, denn wenn Sie Zugang zu dem System des Kunden benötigen, aber der Kunde gerade keinen Mitarbeiter zur Verfügung stellt, der Ihnen den Zugang gewährt, dann können Sie Ihre Leistungen nicht erbringen.

AGB haben somit den Zweck, Leitlinien für die Zusammenarbeit zusammenzustellen. Wenn Sie sich einmal unsicher sind, holen Sie die AGB aus der Schublade.

Sollten AGB eher lang, oder eher kurz sein?

Es heißt ja immer „in der Kürze liegt die Würze“. Aber das kann ja nur gelten, wenn in präziser Formulierung alles enthalten ist, was man für die Zusammenarbeit braucht. Das bedeutet auch, dass die Klauseln nur wenig bis keinen Interpretationsspielraum bieten sollten. Andernfalls hat man AGB, die zwar ein Thema ansprechen, aber nicht genau regeln, wie die Vertragsparteien sich nun verhalten sollen.

Hier ein Beispiel zum Thema: „Höhere Gewalt“.
Nehmen wir an, in den AGB wird kurz und knapp angesprochen, dass im Falle von höherer Gewalt die Parteien ein Rücktrittsrecht haben sollen.
Nehmen wir weiter an, dass der IT-Dienstleister das Projekt nicht fertigstellen konnte, weil bei ihm aufgrund höherer Gewalt der Strom ausgefallen war. Nun erklärt er gegenüber seinem Kunden den Rücktritt.

Die schöne, kurze AGB-Klausel zur höheren Gewalt hat einen entscheidenden Faktor nicht berücksichtigt: Wenn die höhere Gewalt nur für einen vorübergehenden Zeitraum eintritt, ist dann ein Rücktritt vom Vertrag verhältnismäßig?

Andererseits: Wenn ich eine Software im Wert von 30.000 € an den Kunden verkaufe, kann ich ihm dann im Rahmen der Vertragsverhandlungen einen Vertrag mit AGB vorlegen, die 20 Seiten (Zeilenabstand 1,15 und Schriftgröße 11) lang sind und auf weitere Vertragswerke verweisen, die die Auftragsverarbeitung, die Service-Level-Agreements und die Softwarepflege betreffen? Bei einem solchen Vertrag muss sich der Unternehmer die Frage stellen, welche Klauseln vielleicht doch kurz gehalten werden können, und auf welche der Unternehmer nicht verzichten möchte.

Fazit

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nicht mustergültig für jede Vertragsbeziehung einsetzbar. Wenn Sie immer gleichbleibende Leistungen anbieten und Ihre Vertragsbeziehung zu Ihren Kunden immer gleich aufgebaut ist, dann reicht es aus, sich einmal ein Vertragswerk zusammen zu stellen und dieses dann an Ihre Kunden weiterzugeben. Wenn Sie unterschiedliche Leistungen anbieten, kann es Sinn machen, mit Modulen zu arbeiten. Das bedeutet, dass Sie einen „Rahmenvertrag“ (auch das sind AGB) mit allgemeinen Regelungen verwenden, und hieran anknüpfend die jeweiligen speziellen Leistungen als Zusatzmodul dem Rahmenvertrag beifügen. Je nach Umfang der Leistungen machen Sie sich bewusst, ob Sie eine Regelung lieber ausführlicher oder lieber knapp formulieren.

Auf eines sollten Sie jedoch niemals verzichten: Passen Sie Ihre AGB an Ihr Unternehmen an. Machen Sie sich einmal die Arbeit, die AGB mit Ihrer tatsächlichen Arbeit zu synchronisieren. AGB aus dem Internet sind mustergültig, sie regeln eine Vielzahl von Fällen, jedoch nur so allgemein, dass man hier stets Interpretationsarbeit leisten muss. Das wiederum führt genau zu dem, was Sie vermeiden wollten: Unklare Regelungen und somit ein unklares Vertragsverhältnis!!

Wenn Sie Fragen zur AGB Gestaltung haben, sprechen Sie uns gerne an.

Wir halten regelmäßig Seminare zur Gestaltung von AGB. Schauen Sie doch gerne mal rein. Vielleicht ist ja etwas für Sie dabei.

Weitere Beiträge

Markenanmeldung einfach erklärt

Sie haben ein Produkt und jeder soll wissen, dass es zu Ihrer Firma gehört. Um einen Wiedererkennungswert zu schaffen, denken Sie sich einen passenden Namen für das Produkt aus. Sie betreiben ein kostenintensives Marketing und investieren in die Qualität des

Mehr lesen »

AÜG für die IT 2024 Teil II

III. Abgrenzbares/ dem Auftragnehmer als eigene Leistung zurechenbarer Auftrag Wie sollen die Einzelverträge /SOWs/ Aufträge formuliert sein? 1.) Abgrenzbares Werk Nach der Rechtsprechung soll es entscheidend sein, ob ein abgrenzbares, dem Auftragnehmer als eigene Leistung zurechenbares Werk, vertraglich vereinbart ist

Mehr lesen »

Markenschutzfähigkeit bejaht für #darferdas

Die Entscheidung des BGH ist bereits vom 30.01.2020 (Az. I ZB 61/17 (pdf)). Sie zeigt aber, wie schwierig es sein kann, eine Marke anzumelden, die nicht aus reinen Phantasie-Wörtern oder Begriffen besteht und vielleicht auch nicht besonders originell ist. Angemeldet wurde die Marke

Mehr lesen »
Nach oben scrollen