Löschung von Verlinkungen nach Unterlassungsverfügung, OLG Celle, 19.08.2022

Das OLG Celle hat am 19.08.2022 eine Entscheidung des LG Stade bestätigt, wonach der Unterlassungsschuldner seine Pflicht aus der Unterlassungsverfügung verletzt, wenn er nicht auch seine selbst vorgenommenen Verlinkungen auf den rechtswidrigen Beitrag entfernt. (OLG Celle, Beschluss vom 19.08.2022, Az. 5 W 25/22)

Kurz zum Sachverhalt

Der Unterlassungsschuldner hat auf einer Sozial Media Plattform einen Beitrag gepostet, in dem er unwahre Tatsachen gegenüber einer anderen Person verbreitete. Dabei trug sein Beitrag bezüglich einer Jugendhilfestation die Überschrift: „Ist Frau K.S. eine Kinderschänderin?“

Das Landgericht hat dem Unterlassungsschuldner verboten, sich über die Antragstellerin identifizierend zu äußern oder zu verbreiten oder verbreiten zu lassen, die Antragstellerin sei eine Kinderrechtsschänderin.

Der Unterlassungsschuldner hat den Beitrag zwar gelöscht. Er hat aber versäumt, die Verlinkungen zu entfernen, so dass diese einen Monat nach Erlass der Unterlassungsverfügung noch abrufbar waren.

Das LG Stade hat daraufhin auf Antrag der Antragstellerin ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.000 € gegen den Unterlassungsschuldner verhängt.

Sofortige Beschwerde des Unterlassungsschuldners

Der Unterlassungsschuldner behauptete, er habe alle ihm bekannten Verlinkungen gelöscht. Hierzu habe er auf der Social Media Plattform nach dem Namen der Antragstellerin unter dem Reiter Beiträge gesucht und alle Verlinkungen gelöscht, die von ihm stammten. Allerdings hat die Antragstellerin mit Screenshots nachgewiesen, dass noch zwei Beiträge online waren. Der Unterlassungsschuldner hat im Verfahren eingeräumt, diese Beiträge vergessen zu haben.

Entscheidung des OLG Celle

Das OLG Celle hat in seiner Entscheidung klargestellt, dass nicht nur der Beitrag zu löschen sei, sondern auch die Verlinkungen, die den rechtswidrigen Titel tragen, der in dem Unterlassungsgebot aufgeführt ist.

Es komme nicht darauf an, dass der gesamte Beitrag nicht mehr aufgerufen werden könne. Entscheidend ist, so das OLG Celle, dass der Link den Tenor der in der einstweiligen Verfügung enthaltenden zu unterlassenen Äußerung enthält.

Unerheblich sei zudem, dass der Link so weit nach unten „gerutscht“ sei, dass der Beitrag von niemandem mehr gesehen werde, es sei denn, man suche danach. Das OLG Celle weist noch einmal explizit auf die Pflichten des Unterlassungsschuldners hin, um ein Verschulden auszuschließen. So heißt es in dem Beschluss:

Die Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung, durch die ein fortdauernder Störungszustand geschaffen wurde, ist regelmäßig dahin auszulegen, dass sie nicht nur die Unterlassung derartiger Handlungen, sondern auch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustandes umfasst. Bezogen auf Verstöße durch Aussagen im Internet bedeutet dies, dass der Schuldner durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen hat, dass die durch die Unterlassungsverpflichtung betroffenen Inhalte nicht mehr im Internet aufgerufen werden können, und zwar weder über die Webseite direkt noch über eine Internetsuchmaschine.

Der Schuldner eines Unterlassungsanspruchs ist dazu verpflichtet, durch Einwirkung auf gängige Internetsuchmaschinen, insbesondere Google, sicherzustellen, dass der von ihm gelöschte Beitrag nicht weiter über diese Suchmaschinen infolge einer Speicherung dieses Beitrags in deren Cache erreichbar ist (vgl. insgesamt OLG Celle, Beschluss vom 21. August 2017, Az: 13 W 45/17, Rn. 9f. sowie nachfolgend BGH, Beschluss vom 12.07.2018, Az: I ZB 86/17, Rn. 13, jeweils zit. nach juris).

Die Einwirkung auf Suchmaschinen stellt eine im Rahmen des Unterlassungsanspruchs geschuldete Einwirkung auf Dritte dar (…). Ob der Antragsgegner vorliegend Google oder weitere Suchmaschinen auf die Aufrufbarkeit kontrolliert hat, kann dahinstehen, da es sich bei den Verlinkungen in den F.-Gruppen „…“ und „…“ nicht um eine Verbreitung der Äußerungen durch Dritte, sondern um Äußerungen durch den Antragsgegner selbst handelt. Als aktiver Nutzer des F.-Dienstes hätte es dem Antragsgegner daher oblegen, in den von ihm frequentierten Gruppen aktiv nach seinen auch längere Zeit zurückliegenden Beiträgen zu forschen und diese löschen. Wenn die Zahl der vom Antragsgegner verfassten Beiträge und Verlinkungen so groß ist, dass er den Überblick verliert, wo er etwas verbreitet hat, muss dies zu seinen Lasten gehen.

Praxistipp

Auch hier wird deutlich, dass der Unterlassungsschuldner umfassende Beseitigungsmaßnahmen ergreifen muss und diese Pflicht nicht auf die leichte Schulter nehmen darf. Immer wieder erwähnen Gerichte explizit die Suchmaschine Google oder weitere Suchmaschinen. Welche das im Einzelnen sind, ist nach wie vor unklar. Jedenfalls wird es nicht ausreichen, ausschließlich die Google-Suche zu nutzen. Auch reicht es nicht aus, lediglich die Suchfunktion auf einer Social-Media Plattform zu nutzen, denn die Gefahr ist groß, dass nicht alle Beiträge in den Suchergebnissen angezeigt werden.

Wichtig ist auch, sämtliche Maßnahmen zu dokumentieren, um im Fall der Fälle den Aufwand nachzuweisen, den man zur Beseitigung der rechtswidrigen Inhalte unternommen hat.

Wenn Sie Fragen haben, kommen Sie gerne auf uns zu.

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