AÜG in der IT 2024 Teil I

AÜG in der IT – Überlegungen

Die Schwierigkeiten sind bekannt. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz passt nicht für die Belange der IT Branche. Arbeitet ein Mitarbeiter eines IT Unternehmens dauerhaft für einen bestimmten Kunden und ist dieser in den Betrieb und die Betriebsorganisation eingegliedert, drohen hohe Bußen. Wann diese Eingliederung in der IT vorliegt ist nicht völlig klar, weil die von der Rechtsprechung getroffenen Entscheidungen nicht die IT betreffen. Es geht nicht um darum, dass überlassenen Mitarbeiter Schulter an Schulter an der viel zitierten verlängerten Werkbank genau das tun, was auch andere Mitarbeiter des Kunden tun, sondern oft genug darum, dass hoch spezialisierte und bezahlte Mitarbeiter Leistungen erbringen, die die Mitarbeiter des Auftraggebers genau nicht erbringen.

Diese Blogserie befasst sich mit den Unsicherheiten und gibt Lösungsansätze. Sie will aber bestimmt keinen anwaltlichen Rat ersetzen.

Diese Blogserie hat 4 Teile.

I. Abgrenzung Dienstvertrag/ Arbeitnehmerüberlassung

Die Aussage ist oft, das Problem der Arbeitnehmerüberlassung stelle sich dann nicht, wenn ein Werkvertrag vorliege. Diese Aussage geht auf ältere, nicht IT bezogene Entscheidungen zurück.  

Die Abgrenzung zwischen Werk- und Dienstvertrag ist für die Grenzziehung wann eine verdeckte Leiharbeit vorliegt ohne Relevanz. In beiden Fällen wird die vereinbarte Leistung durch die Mitarbeiter eines Auftragnehmers erbracht, der seine eigenen Angestellten für die Erfüllung der ihm obliegenden leistungspflichten einsetzt. Im Rahmen einer Leiharbeit setzt der Auftraggeber die Mitarbeiter des Auftragnehmers wie eigene Angestellte ein. Ob die Parteien formal einen Werk- oder einen Dienstvertrag abschließen, spielt deswegen keine Rolle. Relevant ist die Frage, ob der Auftraggeber die Personalhoheit über die Angestellten des Auftragnehmers hat, also über das „ob“ und „wie“ der Leistungserbringung so entscheiden kann, wie es die Geschäftsführung des Auftragnehmers kann. Noch einmal, ob der Auftragnehmer mit dem Auftraggeber einen Werk- oder einen Dienstvertrag abschließt, der Auftraggeber darf kein Weisungsrecht gegenüber dem Personal des Auftragnehmers erlangen. Das Weisungsrecht muss alleine dem Auftragnehmer zustehen.

II. Konkrete Person des eingesetzten Arbeitnehmers, Namentliche Benennung

Das Thema spielt in der Praxis von IT- Unternehmen eine herausragende Rolle. Hat der Kunde einen Anspruch darauf, dass bestimmte, namentlich benannte  Mitarbeiter für die Erfüllung von Aufgaben eingesetzt werden? Hat der Kunde einen Anspruch darauf, dass namentlich benannte Mitarbeiter eingesetzt werden? Hat der Kunde einen Anspruch darauf, dass namentlich genannte Mitarbeiter während der Laufzeit eines Projektes nicht ausgetauscht werden dürfen?

Grundsätzlich ist es allein Sache des Auftragnehmers, darüber zu bestimmen, welcher seiner Angestellten und wie viele seiner Angestellten zur Erfüllung der aus dem Vertrag mit dem Auftraggeber entstandenen Pflichten eingesetzt werden. Der Auftraggeber hat grundsätzlich keine Befugnis, darüber zu bestimmen, welche Personen tätig werden sollen. Nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht soll eine Ausnahme (Henssler Rn. 26 zu § 3) für spezialisierte Mitarbeiter von IT- Unternehmen gelten. Nach dieser Ansicht sei es kein Indiz für das Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassung, wenn der Kunde die Überlassung eines namentlich benannten Mitarbeiters verlange. Den Kunden komme es an dieser Stelle darauf an, das Unternehmen genau deshalb zu beauftragen, weil es besonders qualifizierte Mitarbeiter aufweise, die für die Erfüllung der Aufgaben eingesetzt werden.

Und aus diesem Umstand wird dann abgeleitet, dass auch die namentliche Benennung von Mitarbeitern kein Indiz für das Bestehen einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung sei. ich sehe das anders.

Man kann sich gerne darüber einigen, dass das eingesetzte Personal eine bestimmte Qualifikation aufweisen muss und man kann auch Vereinbarungen darüber treffen, wie viele Personen eigentlich arbeiten sollen. Aber dass der Kunde das Recht haben soll, sich einen bestimmten Mitarbeiter namentlich auszusuchen, der ja dann auch bei lange laufenden Projekten nicht ausgetauscht werden darf, geht mir zu weit. Der Auftragnehmer hat die Personalhoheit, also muss er auch darüber entscheiden können, wer die Aufgaben ausfüllt.

Ich halte es in diesem Kontext auch für falsch, wenn Auftraggeber darauf drängen, dass Rechnungen oder Leistungsnachweise die betreffenden Mitarbeiter namentlich aufweisen müssen. Das ist datenschutzrechtlich hochproblematisch, weil Auskünfte über die Leistungen des einzelnen Mitarbeiters gegeben werden, die den Auftraggeber nichts angehen. Nebst dessen könnte der Mitarbeiter bei Verlassen des Unternehmens auf Löschung seiner personenbezogenen Daten oder auf Auskunft klagen.

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