Softwarelizenzrecht: Projektverträge für Software – Rechtswahl

Ich weise in den Seminaren immer wieder daraufhin, daß das Recht der Arbeitsweise und der Methodik der Projektbewältigung folgt. Nach dem Erlaß der Entscheidung des BGH vom 23.7.2009 zum § 651 BGB kann man eben nicht davon ausgehen, daß Projektverträge grundsätzlich dem Werkvertragsrecht unterfallen. Ich habe diese Entscheidung eingehend besprochen.

Grundsätzlich gilt es, zwei Unterscheidungen zu berücksichtigen. Zum einen muß man Dienstvertragsrecht und Werkvertragsrecht unterscheiden. Hier gilt, daß dann wenn die Bemühung um Erfolg geschuldet, Dienstvertragsrecht zu Anwendung kommt. Angestelltenverträge unterfallen just deshalb dem Dienstvertragsrecht, weil der Arbeitnehmer nicht den Erfolg schuldet, sondern nur die Bemühung darum. Umgekehrt kommt Werkvertragsrecht zur Anwendung, wenn aus der Sicht des Kunden der Eintritt eines bestimmten Erfolgs und nicht nur die Bemühung geschuldet ist. Dieser Grundsatz erfährt eine gewichtige Ausnahme: Falls im Rahmen der Überlassung von Angestellten der Kunde die Projekthoheit während eines Projekts ausübt und die fremden Angestellten wie eigene behandelt, liegt auch dann Dienstvertragsrecht vor, wenn der Kunde das Erreichen eines Ziels für maßgeblich hält.

Danach unterfallen grundsätzlich Verträge, bei denen ein bestimmtes Ziel nicht vorgegeben ist, sondern es um die Verbesserung oder Untersuchung eines Zustands geht, dem Dienstvertragsrecht. Solche Verträge findet man vor allem in Bereich der Forschung und Entwicklung. Der Bereich von Softwareentwicklung – gleich ob komplett oder Customizing oder Parametrisierung unterfällt diesem Bereich nicht.

Hier kommt es aus sich des Kunden maßgeblich auf die Erreichung eines bestimmten Erfolgs an, nämlich darauf, daß sein Anforderungsprofil (die Aufgabenstellung des Kunden) erfüllt wird. Aber Achtung: So einfach ist es nicht.

Die Entscheidung des BGH vom 23.07.2009 baute eine gesetzgeberische Fehlleistung konsequent aus. Danach kommt Kaufrecht (!) zur Anwendung, wenn ein Projekt einzig gegen ein zum Abschluß des Vertrags bestehendes Lastenheft (oder Aufgabenstellung) realisiert wird. Man kommt nur dann zur Anwendung des Werkvertragsrechts, wenn während des Vertrags zumindest eine Planungsphase durchlaufen wird. Diese Entscheidung wendet das bestehende Recht zwar konsequent an, vergibt aber alle bestehenden Möglichkeiten, die der Rechtsprechung im Rahmen der Analogie immer zur Verfügung stehen und führt die Praxis ins Schlamassel. Denktheoretisch kann man heutzutage einen dem Kaufvertragsrecht unterfallenden Vertrag abschließen, der nach Aufwand abgerechnet wird (time and material), dem Mitwirkungspflichten ebenso unbekannt sind wie Kündigungsmöglichkeiten des Auftraggebers. Niemanden ist durch die aktuelle Lage gedient. Das Vertragsrecht folgt aber der Methodik der Erstellung und nicht umgekehrt. Das, was Sie tun bestimmt die Frage, welche Normen zur Anwendung gelangen. Der Ratschlag aus juristischer Sicht lautet deshalb, nur dann einzig gegen das Lastenheft zu realsieren, wenn Sie die Risiken des Projekts als sehr gering bewerten. In jedem anderen Fall sollten Sie den hermeneutischen Zirkel ( Konsens bilden -> Realisierung -> Abgleich von Ist und Soll) mehrfach durchlaufen, z.B. in dem Sie gegen ein erst noch zu erstellendes Pflichtenheft realisieren.

Der Vertragstyp bestimmt sich nach Ihrer Wahl. Aber Achtung: Standardverträge, die der hier aufgezeigten Typologie nicht entsprechen, sind in großen Teilen unwirksam, da sie dem gesetzlichen Leitbild nicht entsprechen.

Fortsetzung Teil 2

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