Softwarelizenzrecht: Folgen aus der Usedsoft-Entscheidung des EUGH I

Der EUGH hat in seiner Entscheidung vom 03.07.2012 (Oracle Usedsoft RS.C-128/11, CR 2012, 498) erkannt, dass die Beschaffung des Verbreitungsrechts an Computerprogrammen auch bei unkörperlicher Überlassung von Programmkopien eintritt. Für juristische Laien: Man kann ungeachtet von einzelnen Verboten, die sich in Standardverträgen (AGB) befinden, die Software auch dann weiterverkaufen, wenn man kein Werkstück dieser Software erhalten hat, sondern wenn man die Software und die nachfolgenden Updates oder Upgrades über das Internet bezogen hat.

Diese Entscheidung hat einen Streit zwischen zwei juristischen Lagern entschieden, der seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten bestand. Noch einmal kurz zum Hintergrund: Bis zur Entscheidung des EUGH galt, dass der Weiterverkauf von Software dann verboten werden konnte, wenn die Software dem Kunden in nicht körperlicher Form (also per Download) überlassen wurde. Man konnte dem Kunden den Weiterverkauf der Software aber nicht verbieten, wenn man ihm die Software auf einem Datenträger überlassen hat. Diese im Jahre 2012 obsolete Unterscheidung resultiert aus einem Prinzip, welches dem Kunsturheberrecht zugrunde liegt und Belohnungstheorie genannt wird. Nach der Belohnungstheorie hat es der Urheber eines Werkes in der Hand, sein Werk für einen angemessenen Preis zu verkaufen oder zu überlassen. Im Augenblick der Überlassung verliert der Urheber sämtliche Rechte, darüber zu bestimmen, wer in Zukunft das Werk (also die Software) nutzt oder zu welchem Preis dies geschieht. Gedacht war an diejenigen Fälle, in denen z.B. ein Maler einem Händler ein Bild verkauft. In dem Augenblick, in dem die beiden Parteien sich über den Kaufpreis einig waren, sollte der Maler das Recht verlieren, darüber zu bestimmen, zu welchem Preis der Händler das Bild weiterverkauft oder an wen das Bild weiterverkauft wird. Voraussetzung für den Verlust der Bestimmungsrechte des Malers war allerdings  – so ist es im § 17 Abs. 2 des Urheberrechts geregelt –  die körperliche Überlassung des Werkstücks. Diese für den Bereich des Computerurheberrechts archivarisch wirkende Regelung hat für andere Bereiche des Urheberrechts durchaus ihre Richtigkeit. Für den Bereich der IT wirkt sie in der heutigen Zeit vollständig überholt.

Der EUGH hat in seiner Entscheidung vom 03.07.2012 nun erkannt, dass es überhaupt keinen Unterschied macht, ob der Erwerber die Software in körperlicher oder nicht körperlicher Form erwirbt. Diese Entscheidung erging in Anwendung der Softwarerichtlinien der europäischen Union (91/250/EWG des Rates vom 14.05.1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen in ihrer Fassung aus der Richtlinie 2009/24/EG). Die Richtlinien des europäischen Rechts sind aber bei der Auslegung der nationalen Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten der europäischen Union von den nationalen Gerichten bei der Auslegung der nationalen Norm unbedingt zu beachten. Das bedeutet, dass die deutschen Gerichte bei der Auslegung des deutschen Urheberrechtes die Vorgaben und prinzipiellen Wertentscheidungen des EUGHs zu beachten haben.

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