Haftung für Filesharing

Einleitung

Die Empörung ist groß: Die Abmahnung für das unzulässige Filesharing über den häuslichen Internetanschluss flattert ins Haus. Mit der Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung könnte der Anschlussinhaber noch leben, aber nicht mit den Kosten. Dabei werden regelmäßig nicht nur der Schadensersatz für die unerlaubte Nutzung der Musikwerke, sondern auch gleich die Anwaltskosten für die Vertretung der Rechtsinhaber berechnet. Da kommen schnell ein paar tausend Euro zusammen. 

Urheberrechtsverletzung

Grundsätzlich ist es richtig, dass das Anbieten von Werken Dritter zum Download im Internet verboten ist. Seit der Urheberrechtsreform vom 01.01. 2008 ist selbst das Herunterladen einer im Internet zur Verfügung gestellten Datei nicht mehr erlaubt. Insoweit kann bei Filesharing von einer Urheberrechtsverletzung ausgegangen werden. 

Haftung: Eltern und WLAN

Im Einzelfall haben die Rechtsinhaber jedoch nicht alle streitige Verfahren gewonnen. Der Anschlussinhaber ist gegebenenfalls gar nicht selbst am Filesharing beteiligt, sondern ein Familienmitglied hat sich an den Tauschbörsen beteiligt. Da kommt dann häufig der Einwand vom Anschlussinhaber „Ich war es ja gar nicht, also muss ich nicht zahlen.“ Die Gerichte sehen die Haftung des Anschlussinhabers unterschiedlich. 

Rechtsprechung

Das Landgericht Hamburg hat bislang entschieden, dass der Anschlussinhaber als Mitstörer haftet, da er seinen Überwachungs- und Prüfungspflichten nicht nachgekommen ist und somit die Urheberrechtsverletzung unterstützt hat. Dies gilt sowohl im Falle einer Urheberrechtsverletzung durch einer im Haushalt lebenden Person (bzw. Kinder) als auch im Falle einer Urheberrechtsverletzung durch einen Dritten, der unbefugt über den WLAN-Anschluss des Anschlussinhabers seine Taten vollbringt, siehe LG Hamburg, Beschluss vom 25.01.2006, Az. 308 O 58/06 oder LG Hamburg, Urteil vom 26.07.2006, Az. 308 O 407/06. Der Anschlussinhaber muss nach dem Landgericht Hamburg daher die Nutzung seines Internetanschlusses sorgfältig überwachen oder bei einem WLAN-Anschluss entsprechend Sicherheitsmaßnahmen ergreifen. Das Landgericht Köln hat ebenfalls eine Haftung des Anschlussinhabers angenommen, siehe LG Köln, Urteil vom 22.11.2006, Az. 28 O 150/06.

Das Landgericht Mannheim war der Ansicht, dass der Anschlussinhaber nur beschränkt seinen Prüfungspflichten nachkommen muss. Im konkreten Fall waren die im Haushalt lebenden Personen alle erwachsen, so dass die Prüfungspflicht des Anschlussinhaber entfallen ist, siehe LG Mannheim, Urteil vom 04.08.2006, Az. 7 O 76/06 und LG Mannheim, Urteil vom 30.01.2007, Az. 2 O 71/06

Das Oberlandesgericht Frankfurt geht zwar davon aus, dass der Anschlussinhaber den Zugang zu seinem Internetanschluss überwachen muss, hat jedoch die Überwachungspflicht ebenfalls eingeschränkt, siehe OLG Frankfurt, Urteil vom 20.12.2007, Az. 11 W 58/07. Der Anschlussinhaber müsse Anhaltspunkte für eine Rechtsverletzung kennen, um eine entsprechende Überwachung zu erwarten. Hat er die in seinem Haushalt lebenden Personen über die Rechtswidrigkeit von Filesharing aufgeklärt, könne anschließend nicht mehr von ihm erwartet werden. Letztendlich hat das OLG Frankfurt dem Rechtsinhaber die Beweispflicht aufgebürdet, nachzuweisen, warum gerade der Anschlussinhaber für die Rechtsverletzung haften soll. 

In der Praxis

Für den Verbraucher bleibt die Rechtslage undurchsichtig:

Es wird im jeden Einzelfall zu prüfen sein, ob der Anschlussinhaber Prüfungspflichten unterliegt und auch tatsächlich hinreichende Vorkehrungen gegen einen Missbrauch seines Anschlusses getroffen hat. Bei einem anderen Sachverhalt kann das jeweilige Gericht auch anders entscheiden, wenn es nicht sowieso von einer Störerhaftung des Anschlussinhabers, unabhängig von etwaigen Prüfungspflichten, ausgeht.

Ob der abgemahnte Anschlussinhaber sich daher auf ein streitiges gerichtliches Verfahren einlassen soll, muss daher anhand seines konkreten Falles entschieden werden. Denn ein solches Verfahren kann teuer werden. Die Streitwerte reichen bis zu Euro 10.0000,00 pro Song, siehe LG Köln, Urteil vom 18.07.2007, Az. 28 O 480/06. Andere Gerichte staffeln je nach Anzahl der Rechtsverletzungen, wohl auch das Landgericht Hamburg. 

Richtungswechsel?

Für die Personen, die gegebenenfalls in Hamburg verklagt werden, bleibt allerdings ein kleiner Hoffnungsschimmer: In einem aktuellen Filesharing-Fall hat das Landgericht Hamburg eine Klage der Rechtsinhaber abgewiesen, da diese nicht hinreichend die Urheberrechtsverletzung dargelegt und nachgewiesen hatten, LG Hamburg, Urteil vom 14.03.2008, Az. 308 O 76/07. Die Rechtsinhaber hatten lediglich die Auszüge aus einer Ermittlungsfirma vorgelegt, wonach eine bestimmte IP-Adresse dem Beklagten für einen bestimmten Zeitraum zuzuordnen war. Die Rechtsverletzung war damit noch nicht nachgewiesen. 

Susan B. Rausch

Rechtsanwältin

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